Angepinnt Review zu Hoochie Coochie Ma - Danger - White Men Dancing

      Review zu Hoochie Coochie Ma - Danger - White Men Dancing

      The Hoochie Coochie Man: Danger - White Men Dancing (CD mit Bonus-DVD)

      Nach dem vor einiger Zeit eine hervorragende Live-CD /-DVD von der Gruppe um den Bassisten und Songwriter Bob Daisley herauskam, von der ich beigeistert bin, habe ich mich auch auf dieses Werk gefreut. Wie mag diese tolle Bluesrock-Live-Band im Studio klingen, wo man alles ein wenig genauer machen kann? Geht die Spielfreude und die Inspiration verloren und schaffen sie die Gradwanderung.

      Um es vorwegzunehmen: Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

      Und sie haben es geschafft, Jon Lord, der auch schon bei dem Live-Album mitgewirkt hat, für das neue Album zu engagieren. er spielt bei allen Songs Hammond und bei einigen Songs zusätzlich Piano.

      Weitere Gäste sind Ian Gillan der bei zwei Stücken singt, Jimmy Barnes (ex "Cold Chisel" und "Living Loud"), auch bei zwei stücken Gesang, sowie Jeff Duff - ebenfalls Sänger bei zwei Songs(die letzten beiden)sind in Australien wohl so etwas wie Superstars.

      Besetzung also:

      Bob Daisley - Bass, Backing vocals, Harmonica
      Tim Gaze - All Guitars and Vocals (on 1, 2, 5, 9, 12, 13)
      Bob Grosser - Drums, Percussion
      Jon Lord - Hammond Organ and Piano

      Ian Gillan - Vocals (on 4, 7)
      Jimmy Barnes - Vocals (on 6, 10)
      Jeff Duff - Vocals (on 3, 11).

      Produzent: Bob Daisley

      Zwei Coverversion von Willie Dixon, Eine Coverversion von Don Nix und eine von den Rolling Stones. Der Rest sind Eigenkompositionen von überwiegend Bob Daisley und Tim Gaze.

      Beim ersten Hören ergab sich für mich das folgende Bild (in Stichworten):


      1. The Blues Just Got Sadder
      - Lord Hammond-Intro und getragenes Hammond-Solo im Mittelteil
      - schönes Gitarrensolo
      - Der Song erinnert ein wenig an Jon's Artwoods-Zeiten.

      2. Gotta Find Me Some Fire
      - Erstes Guitar Solo Anfangs ein wenig wie Blackmore
      - Die Hammond - dröhnt das Lied durch (ohne Solo) unterstützt aber das zweite Guitar Solo

      3. Twisted System
      - Super Daisley Bass-Intro
      - Tom Jones ähnlicher Gesang von Jeff Duff
      - Trotz Blues ein modernerer Sound.
      - Bass/Schlagzeug Klasse
      - kurze Hammond Sätze (wie Bläser eingesetzt).
      - in der Mitte zusätzlich schönes Piano

      4. Over & Over
      - Anfänglich eine Blues Ballade à la "When A Blind Man Cries"
      - Wundervolles klassisches Piano
      - dazu schöne getragene Hammond
      - Bob Daisley spielt einen warmen Fretless-Bass (vermutlich akustik).
      - Dann wird der Song härter, ähnlich wie bei "Born To Kill" von Gillan's "Double Trouble"
      - Gillan singt schön - aber nicht hart!
      - Hier erinnert mich das Gitarrensolo ein wenig an Steve Morse (Spiel mit Lautstärkeregler).
      - Kurz vor dem Ende ein Break und dann ein härteres Gitarrensolo, das in einem schönen Klavieroutro endet.
      - Schöner langer Song, bei dem ich mir allerdings ein Hammondsolo gewünscht hätte.
      - Trotzdem Oberklasse.
      - Von Lord mitgeschrieben.

      5. Let It Go
      - Lord Hammond mit schönem Solo.
      - Boogie Blues.
      - Vielleicht der unauffälligste Song.
      - Schön gesungen von Tim Gaze.

      6. Heart Of Stone
      - Coverversion der Rolling Stones
      - Lebt durch die Brachialstimme von Jimmy Barnes (Cold Chisel, Living Loud)
      - Kurzes, aber feines Lord Solo.
      - Moderner Hardrock mit Blueselementen

      7. If This Ain't The Blues
      - Schöner Blues.
      - Jon Hammond.
      - Ian Gillan Gesang.
      - Keine Glanzleistung von Gillan aber einwandfrei.
      - Anfänglich dumpfes ruhiges Hammond Solo, dass dann härter wird und perfekt in den Song passt. Solo ist schön lang!

      8. Danger White Men Dancing
      - Instrumentaler Gitarren-Blues mit schöner Hammond-Untermalung.
      - Daisley spielt einen schönen, melodiösen "Uriah Heep"-Bass...
      - Feines Hammond Solo.
      - Super Gitarre von Tim Gaze.

      9. Dead Presidents
      - Coverversion von Willie Dixon.
      - Lustiger Fun-Blues mit Bob Daisley an der Mundharmonika.
      - Jon's Hammond dezent im Hintergrund.
      - Dann aber ein schönes Hammondsolo à la "The Artwoods".
      - Mit Besen gespieltes Schlagzeug von Bob Grosser

      10. Hoochie Coochie Man
      - Gleich die zweite Coverversion von Willie Dixon.
      - Und auch das zweite Stück, das von Jimmy Barnes gesungen wird.
      - Er singt hier ganz anders. Mir gefällt's.
      - Mit irrem Hau-Rein-Bass von Daisley.
      - Auch hier werden wir mit einem Lord-Solo vom Feinsten verwöhnt.
      - Und am Ende dreht Jon noch einmal auf.

      11. Bottle O'Wine
      - Hier singt wieder Jeff Duff.
      - Hat er mich vorhin noch an Tom Jones erinnert, ist dieses durchaus ein Gesang, der mich an alte (!) Whitesnake/Northwinds-Tage erinnert.
      - Könnte durchaus ein Marsden/Moody Song sein. So wünschte ich mir Coverdale heute.
      - Schöner Blues.
      - Jon's Hammond dröhnt wunderbar - kein Solo.
      - Und auch Tim Gaze hat wieder ein schönes langes Gitarrensolo.

      12. Everybody Wants To Go To Heaven
      - Eine Coverversion von Don Nix, den Purple-Fans auch auch als Autor von "Goin' Down" kennen.
      - Gitarrenblues der ein wenig an "Still Got The Blues" von Gary Moore erinnert.
      - Die Hammond ist ruhig im Hintergrund und hat auch ein fantastisches, cooles Solo.
      - Aber wer genau hinhört, bemerkt auch, dass Jon am Klavier einen Rhythmuspart übernimmt (ähnlich, wie er es schon 1964 bei "You Really Got Me" von "The Kinks" gemacht hat.
      - Tim Gaze's Gesang erinnert mich hier ein wenig an Phil Lynott, von dem ich mir das Lied sehr gut vorstellen könnte.

      13. Tell Your Story Walkin'
      - Ein kommerzieller, modernerer Blues, bei dem ich die Rhythmussektion der beiden Bob's herausstellen möchte.
      - Daisley spielt einen total wilden Bass, sehr melodisch. Aber auch die Drums von Bob Grosser sind sehr abwechslungsreich.
      - Schönes Lord Solo, dass mir in der Art, wie er es spielt sehr bekannt vorkommt (ich glaube "Wizard's Convention"?).
      - Dann ein merkwürdiges, aber schönes Gitarrensolo (Wah Wah?).

      Musiker:

      Jon Lord spielt so wie ich ihn mag. So sehr mir Don Airey bei Purple gefällt, hier merke ich, was mir fehlt. Aber Lord spielt auch besser als auf den letzten Purple Scheiben. Sehr unterschiedliche Solos. Wer aber ein schnelles Solo erwartet, der sei gewarnt - das hier ist Blues-Rock!

      Bob Daisley, der ja schon den Bass u. a. bei Rainbow, Ozzy Osbourne, Gary Moore und Uriah Heep gezupft hat ist nicht nur ein begnadeter Rock-Bassist (immer schon einer meiner Lieblingsbassisten), sonder auch ein toller Songschreiber (was wir ja spätestens seit den ersten Ozzy Scheiben wissen). Er spielt hier sehr abwechslungsreich und zeigt ein große Bandbreite. Wirklich toll.

      Bob Grosser - passt perfekt zu Daisley und gefällt mir sehr gut.

      Tim Gaze - spielt sehr abwechslungsreich Gitarre, auch wenn Teile nach Blackmore, Morse oder Marsden klingt, zeigt es doch, dass er eine große Bandbreite hat. Sein Gesang passt genau zu diesen Bluesstücken

      Ian Gillan - singt gut, aber es sind sicherlich nicht die besten Songs die er je gesungen hat. Das getragene, ruhige liegt Ian vielleicht nicht ganz so. Aber ich bin zufrieden.

      Jimmy Barnes, der stimmlich irgendwo zwischen Roger Chapman ("Shadow On The Wall") und Brian Johnson (AC/DC) einzuordnen ist, singt hier bei beiden Stücken sehr unterschiedlich. Aber beide Songs leben durch seine Power, was ich bei den Gillan Stücken nicht behaupten kann.

      Jeff Duff singt auch bei beiden Stück sehr gut, wie bereits oben geschrieben sehr unterschiedlich.

      Bonus-DVD:


      Die Bonus DVD ist leider nur 35 Minuten lang. Es gibt 2 Songs von einem Fernsehauftritt (Who's been Talkin" und "24/7 Blues", die auch schon als Bonus-Songs auf der Live DVD zu finden sind, sowie "When A Blind Man Cries" gesungen von Jimmy Barnes, das auch als Bonus schon auf der Live-DVD zu finden ist. Bis dahin also nichts Neues.
      Neu aber ist eine Dokumentation über die Band überwiegend aus dem Blickwinkel von Jon Lord. Man muss kein Englisch können, da die Musik dort die Geschichte erzählt. Auschnitte aus Proben und Konzerten, Spaß bei den Proben usw... Da wünscht man sich die Proben komplett zu haben. Auch hier: viel Hammond, wobei man Jon auf die Finger sehen kann.

      Aufmachung:

      Schönes Digi-Pak mit allen Texten, jedoch keine Bilder (leider).

      Fazit:
      Hier haben wir eine Hammondorientierte Bluesrock Scheibe, der fast alle Richtungen des Bluesrocks angeht. Kein Lied klingt wie das andere.
      Wer ursprünglichen Blues erwartet sei gewarnt, wer Heavy Rock erwartet auch.
      Wer harten Bluesrock mag, der wird begeistert sein.
      Dies ist Bluesrock erster Klasse, den man vielleicht mit den ersten Gary Moore Bluesscheiben gleichsetzen kann - nur wesentlich abwechslungsreicher.
      Für Hammond Fans sei die Scheibe empfohlen, Lord's Hammond hat seit den Siebzigern nicht mehr dröhnend geröhrt. Die Lesleys tun ihren Dienst.
      schön, dass Jon neben sein klassischen Ambitionen auch mit 66 Jahren noch weiß, was ein echter Lord-Hammond-Groove ist!

      Für mich 9 von 10 Punkte.

      Wem die Scheibe gefällt, dem sei die Live-DVD ans Herz gelegt, die ein komplettes Konzert der Band udn Daisley und Lord zeigt und vielleicht noch einen Tick besser ist, als diese CD:

      Homepage mit Sound- und Videoschnipseln (unbedingt ansehen/-hören):
      hoochiecoochiemen.com/

      Viel Spaß
      Karl-Heinz



      Sweet CHILD IN TIME....
      see the blind man shooting at the world...

      RE: Review zu Hoochie Coochie Ma - Danger - White Men Dancing

      Vielen Dank, Kalle, für die ausführliche Besprechung! Sehr verdienstvoll!

      Deine Bemerkung, Jon Lord spiele hier besser als auf seinen letzten Alben bei Deep Purple, kann man vielleicht sogar verallgemeinern:

      Jon Lord hat fast überall besser Keyboards gespielt als bei Deep Purple (und Whitesnake!). Bei Deep Purple würde ich lediglich Mark I ausnehmen, da war er auch sehr gut.

      Ob es frühe Sachen bei den Artwoods waren, ob Sarabande, Paice Ashton Lord, Before I forget (vor allem Tender Babes und die Piano-Stücke auf Seite 2, den Bach hat er leider etwas misshandelt) oder die späteren Solo-Sachen - das ist meist vortrefflich, was er macht. Er mag nicht der größte Techniker sein, aber er zeigt eine beeindruckende Musikalität und Spielfreude.

      Bei DP Mark 2 bis 8 war er deutlich schwächer. Natürlich gibt es da herausragende Soli wie bei Hard Lovin' Man, Rat Bat Blue und Burn und natürlich war er mit Ken Hensley einer der Pioniere, die gezeigt haben, dass eine Orgel zu Hardrock passen kann, aber im Vergleich zu seinen Solosachen spielte er deutlich weniger variabel. Die Musik war halt auch nicht sehr variabel und gitarren-getrieben.

      Und bei Whitesnake war sein Talent total verschenkt.

      Schön, dass er auf seine alten Tage noch einmal richtig Lust hat, gut zu spielen!

      Gruß
      BA