Blackmore und die Jungs an den Tasten

      Blackmore und die Jungs an den Tasten

      Liebe Blackmorians,

      für alle unter uns, die wir neben unserem ständigen Blick auf den Meister gelegentlich auch mal nach links und rechts im Rockgewerbe schielen, war der Montag ein trauriger Tag: Rick Wright, der Keyboarder von Pink Floyd und übrigens Gründungsmitglied, ist igestern m Alter von nur 65 Jahren verstorben. Ich sage "nur", weil ich erstens grundsätzlich jedem ein langes Leben wünsche (es gibt so viel tolle "alte" Musik zu hören), und zweitens, weil beispielsweise Jopi Heesters Anfang Dezember erst schlanke 104 wird - oder bereits 105? Wikipedia, hilf!

      Bei Wright war´s der Krebs - zack, und weg; von wegen, millionenschwere Rockstars können sich alles, auch die besten Ärzte kaufen. Ja, das können sie, aber die sagen, wenn alles zu spät, auch nur: Sorry, mate, too late.

      Das war´s nun also, mit der über zwei Jahrzehnte hinausgeschobenen Reunion von Pink Floyd in mehr oder minder Originalbesetzung. Sicher, irgendwer Berufenes wird schon als Frequenzabdecker die Tasten drücken, falls David Gilmour (du sollst andere Götter haben neben IHM) und Roger Waters sich doch nochmal zusammenraufen und auf Welttour gehen. Page & Plant wußten das, letztes Jahr im Dezember, und ich wette, Ritchie weiß es auch, und irgendwo tief drin wird es ihn ärgern, daß Gillan & Co. derzeit das 40jährige s e i n e r Band feiern, mit weltweiten Konzerten - und mit diesem "Nachwuchsgitarristen" (nicht ganz ernst gemeint), der s e i n e Riffs ins Volk schleudert: Wann kommt denn Morse´s "Smoke", sein "Lazy", sein "When A Blind Man Cries"?

      Ich gebe zu, ein ziemlich langer Anlauf für folgende Erkenntnis: Wenn unsere Helden spielen, wo und wann auch immer, ganz gleich, zu welchem Preis, dann sollten wir hingehen und ihnen reichlich worshippen, ehe es zu spät dazu ist. ("Thank You for The Music", heißt das an anderer Stelle.)

      Denn Ritchie: gepflegte 63, Erzfeind Gillan ebenfalls. Graham Bonnet: auch nicht mehr der Jüngste, nur David Coverdale und Joe Lynn Turner sind noch sozusagen Youngsters mit ihrem Baujahr, beide 1951. Dio hingegen: bereits 65, und der Mann dürfte seit Jahrzehnten einen ungleich höheren Blutdruck haben, wenn er auf der Bühne steht, als Rick Wright, der ab jetzt den "Great Gig In The Sky" ebenda spielt (übrigens seine Komposition).

      Ich schreibe das alles nicht nur in memoriam für diesen wirklich sehr kreativen und erfrischend unprätentiös gewesenen Musiker, sondern auch, um Euch und mich an zwei Dinge zu erinnern: Es wird in diesem Forum oftmals gerungen um die "beste" Stimme, die Blackmore je auf die Bühne brachte, und nie scheint festzustehen, wer denn nun wirklich der beste war. Für Purple (ab Mk. II): Gillan, Coverdale? Da fällt die Wahl noch einigermaßen leicht. (Nein, Joe Lynn, du wirst für immer als Rainbow-Sänger gewertet werden.) Und bei Rainbow: Dio - klar. Aber Bonnet? Was für ein Organ, ein echter Shouter! (Meine Freundin war neulich baff, als ich ihr bei YouTube "Will You Love Me Tomorrow" aus dem Donington- bzw. Bonnet-Abschlußkonzert gezeigt habe.) Hätte er die Gnade mindestens eines zweiten Rainbow-Albums erfahren, wir dächten heute nochmal so gut über ihn. Und Joe Lynn Turner - andere Liga, andere Qualitäten. Sobald man das akzeptiert, zählt er zu den ganz großen Sängern, beileibe nicht nur bei Rainbow.

      Was mich aber ärgert und schmerzt, ist, wie respektlos in vielen Foren - ausdrücklich nicht in diesem! - über alternde (Rock-)Musiker gesprochen und geschrieben wird. Der da hat ´ne Wampe, jener tausend Falten; Ritchie selbst steht seit Jahren - nicht zu Unrecht - unter Perückenverdacht: ja, na und? Joe Lynn Turner hat mir mal zum Thema Altern gesagt (da war er 31): "And then we grow old and we´ve done it for years, and we might have lost all our money and fame begins to fade - that´s how I came up with the lyrics for ´Spotlight Kid´." (Ihr erinnert Euch: "Your audience died, fading away/leaving you on the stage")

      Gerade heute Abend, Rick Wright im Ohr, denke ich an die wohl am meisten übersehene Spezies im Dunstkreis unserer Helden: Was wären Deep Purple und Rainbow eigentliich ohne ihre Keyboarder gewesen?
      Gut, Purple ohne Jon Lord - schlichtweg nicht vorstellbar. Aber Rainbow? Die einzige wirkliche Tastenpersönlichkeit dort war wohl Tony Carey. Danach kamen "nur" solide, zum Teil hochgebildete Leute (Mr. Rosenthal for example).

      Deshalb eine Provokation zum Schluß: Ritchies Sound minus Keyboards - er wäre glatt in einer U2- oder Queen-Situation gewesen: ein bißchen Overdubs im Studio, aber live nur zwei tonale Instrumente: eben Gitarre und Bass. Blöderweise habe ich ihn letztens nicht danach gefragt, but I should have. "Vielleicht das nächster Zeit", wenn er und all die anderen, die uns noch (noch!) umgeben, in der Nähe sind.

      Long Live Ritchie Blackmore, und ein Hoch auf Rick Wright & Co.!

      Euer Rock-Fox
      "Encore one more time - for the ghosts of the past in your mind"
      Original von TheSweetKing
      Hallo Fox!

      Was du hier ablieferst ist wirklich super. Ohne jemandem nahe kommen zu wollen: Selten habe ich hier im Board Berichte/Antworten etc. so gerne und aufmerksam gelesen.
      Ich hoffe, du bleibst uns lange erhalten !!!

      Gruß S.


      Das kann ich nur unterstreichen, wieder ein sehr guter Beitrag, vielen Dank! :thumbs:
      Fox, wo hast Du nur bis jetzt gesteckt? :D
      Deep, deeper.... deepest-purple... :thumbup:

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