Now Or Never - Hamburg 2012

      Now Or Never - Hamburg 2012

      (Ich kann nicht kurz)
      Kritik Deep Purple Edguy Hamburg 24.11.2012

      “Now Or Never”

      Mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht habe ich mich einige Stunden nach dem Konzert ins Bett gelegt.
      Zufrieden, weil es ein für mich gelungener Konzertabend war; zufrieden, weil ich wieder einmal feststellen musste, dass nur Ian Gillan wie Ian Gillan klingt.

      Doch von vorn:
      Vorgruppe waren „Edguy“. Mit „Avantasia“-Sänger Tobias Sammet, die ich bisher nicht kannte. Sie hatten 45 Minuten lang ein sehr abwechslungsreiches Programm mit melodiösen Hardrockstücken gebracht. Sammet ist ein durchaus guter Sänger, eine Art melodischer Bruce Dickinson. Der vor allen in den Höhenlagen zu überzeugen weiß. Seine Ansagen kamen vielleicht etwas zu „partymäßig“ daher und konnten nicht unbedingt überzeugen, andererseits hat er damit auch für Stimmung gesorgt. Auch sein Spiel mit dem Seidentuch wirkte etwas zu sehr amerikanisch und glamourhaft. Da wäre er in den 80er Jahren sicherlich zum Mädchenschwarm geworden, wirkt aber heute etwas lächerlich.
      Obwohl der Sound sehr gut war und auch der Gesang sehr gut zu hören war, waren die Gitarren und der Bass etwas leise, was aber auch am sehr dominanten Schlagzeug gelegen haben mag. Der Drummer ist durchaus ein Showmensch, aber das etwas gleich bleibende Draufhauen auf immer dieselbe Trommel strengte mich als Zuhörer sehr an. Daran kann sicherlich gearbeitet werden. Er wird sich sicherlich jetzt ein Beispiel an Ian Paice nehmen. Die Songs waren allesamt sehr gut und die Stimmung auch.
      Fazit: Sicherlich keine der besten Vorgruppen, die ich bei Deep Purple erleben konnte (Uriah Heep und Alice Cooper sind unschlagbar), aber durchaus hörens- und erwähnenswert.

      Dann nach 30 Minuten Umbaupause kam das Klassik-Intro (Sergei Sergejewitsch Prokofjew: "Montagues and Capulets" aus "Romeo und Julia") und der Dampfhammer fegte alle Zweifler mit einem gigantischen „Fireball“ in die Ecken. Welch ein Opener. Man merkte sofort, dass hier sehr jung gebliebene Senioren auf der Bühne standen.
      Neben selten gespielten Songs wie „Hard Lovin’ Man“, „Into The Fire“ und „No One Came“, gab es natürlich auch die erwarteten Kracher wie „Smoke On The Water“, „Black Night“ und „Strange Kind Of Woman“. Ich bin mit der Setliste äußerst zufrieden, auch wenn ich es etwas verwunderlich finde, dass aus der nunmehr 18 Jahre dauernden Steve Morse Ära nur „Sometimes I Feel Like Screaming“, „Well Dressed Guitar“ und „Contact Lost“ gespielt wurden. „Speed King“ wurde in hamburg gespielt, in anderen Konzerten nicht. Interessant ist, dass Gillan hier einige Rock’n’Roll Hits eingestreut hatte, unter anderem „Now Or Never“ oder „Highschool Hop“.

      Die größte Überraschung für mich war Ian Gillan, der meines Erachtens großartig gesungen hat. Ab und an, hat er sich seinem Alter angepasst und statt hoch eine Etage niedriger gesungen. Aber immer wieder kamen hohe Schreie, die man ihm wirklich nicht zutrauen würde. Diese war aber stets so eingesetzt, dass sie ihn nicht überforderten. Er weiß wo seine Grenzen sind und weiß damit umzugehen. Respekt! Und: Keiner klingt wie Ian Gillan. Wenn ich diese Stimme höre, weiß ich dass ich in einem Deep Purple Konzert bin, egal wer Gitarre oder Keyboard bedient. Obwohl es mitten in der Tour ist, hat Gillan aus meiner Sicht unverschämt gut gesungen.

      Roger Glover hatte wie immer viel Spaß auf der Bühne, sprang von einer Seite zur anderen und war durchaus nicht nur Rhythmusmacher. Sein Basssolo vor Black Night war sehr unterhaltsam. Wenn man alte Videos mit ihm sieht vermittelt er das Gefühl, dass ihm die Auftritte jetzt deutlich mehr Spaß machen als damals.

      Don Airey hatte an der Show einen genau so großen Anteil wie Steve Morse oder Ian Gillan. So sollte es bei Deep Purple auch sein. Immer wieder hat er sich mit Steve Morse duelliert, andererseits aber auch eine hervorragende Hammond gespielt. Ganz anders wir sie von Jon Lord kennen, was diesen unersetzlich macht, aber immer sehr souverän und abwechslungsreich. Besonders sein Intro zu „Lazy“ und sein Solo darin waren herausragend, obwohl die Hammond eigentlich nicht sein Instrument ist.
      Seine Instrumente sind Moog und Synthesizer, was er in seinem experimentellen und futuristischen Solo vor „Perfect Strangers“ bewiesen hat. So kennen wir ihn schon von „Colosseum II“. Dieses Solo war vielleicht etwas lang, aber durchaus unterhaltsam.

      Steve Morse hat dieses Mal angenehm zurückhaltend gespielt. Trotzdem hat er immer wieder bewiesen, was für ein Ausnahmegitarrist er ist. Er hat viele zu hohe Passagen der letzten Jahre weggelassen und auch seine schnellen Läufe reduziert, dadurch kamen die Songs besser zur Geltung. Obwohl ich Blackmore Fan bin, habe ich den höchsten Respekt davor, dass er die Songs nicht kopiert, sondern zu seinen Songs macht – mittlerweile ohne das Original zu verleugnen. Ein interessantes Intro zu „Smoke On The Water“ und hörenswerte Soli in“ Black Night“ und „Hard Lovin’ Man“.

      Der heimliche Star des Abends war jedoch Ian Paice. Da es kaum Ansagen und ruhige Songs gab, hat er von bis hinten getrommelt und gegroovt, was das Zeug hält. Eine Wahnsinnsleistung. Und nach vielen Jahren mal wieder ein komplettes „The Mule“ mit langem Drumsolo. Er ist immer noch einer der besten Rocktrommler der Welt, das hat er hier eindrucksvoll bewiesen.

      Ich persönlich würde mir wünschen, dass anstelle der langen Solis (Don Airey Solo, Well Dressed Guitar), mal wieder ein richtiger 10-12 Minuten Jam gespielt würde, wie z. B. „Mandrake Root“.

      Habe ich mich in den letzten Jahren beschwert, dass „Deep Purple“ Konzerte zu laut sind und damit der Sound breiig war, war er in Hamburg eher sehr „leise“. Das hat mich aber überhaupt nicht gestört, da sich das sehr positiv auf den Sound ausgewirkt hat. Der Sound war also sehr gut. Danke an die Leute am Mischpult. Auch die Lightshow war sehr gut, wenn ich auch die Laser aus „Perfect Strangers“ Zeiten vermisse.

      Die Stimmung war sehr ausgelassen und das Publikum sehr euphorisch. Sie haben fast alles mitgesungen. Es gab keine Unmutsäußerungen.
      Die Halle war sehr gut gefüllt, die Sitzplätze waren alle belegt und die Stehplatz-Arena zu gut drei-viertel. Hinten hätte man auch nichts mehr sehen können. Eine gut gefüllte große O2-Arena, obwohl DP weitere Konzerte im Norden (Bremen, Kiel, Hannover, Berlin) gegeben haben. Deep Purple sind offensichtlich auch heute noch ein TOP-Liveakt.

      Ein sehr gelungener Abend.
      Lediglich ein Punkt ist mir sehr negativ aufgestoßen:
      Ich habe mich bewusst für einen Sitzplatz entschieden, um die Musik genießen zu können. Aber wieso kommt es immer wieder zu Truppenverschiebungen auf den Rängen? Warum muss man im Konzert ständig aufstehen, um sich Bier zu holen?
      Andauernd musste ich mich erheben um angetrunkene Bierträger durchzulassen oder hatte neben mir auf den Treppen Leute herumstehen, die mir Dich Sicht stahlen.
      Es wäre schön, wenn man das irgendwie einschränken könnte. Ordner waren genügen vorhanden.

      Kalle



      Sweet CHILD IN TIME....
      see the blind man shooting at the world...
      Moin Kalle,
      dann will ich erstmal danke sagen für Dein Konzertreview.
      Was das spielen von Don angeht, nun Don ist Don und Jon ist Jon(ich weigere mich nach wie vor, von ihm in der Vergangenheit zu sprechen). Das schlechteste was purple hätte passieren können, wenn Don versucht hätte, Jon zu kopieren. Soweit ich weiss ist die Kopie niemals besser wie das Original. Don spielt nunmal anders. Das gleiche gilt für die beiden an der Gitarre.
      Was die Soli angeht, ich denke da sind die Fanmassen geteilter Meinung. Ich habe auch schon des öfteren gelesen, das man sich mehr Soli's wünschen würde.
      Quintessenz ist aber wohl, das purple einfach so eine breite schicht an Freunden hat, die man vermutlich nie zufrieden stellen könnte, es sei denn das Konzert geht 4-6h incl Zugaben wären wir dann bei 8h und wird in einen Teil ohne Soli und einen mit unterteilt. Wie realistisch das ganze ist, nun das kann sich jeder selber ausmalen :)

      Munte blieben
      Rudy