WHITESNAKE – Ready An’ Willing? Interview mit David Coverdale

      WHITESNAKE – Ready An’ Willing? Interview mit David Coverdale

      WHITESNAKE – Ready An’ Willing?

      David Coverdale:
      Ich habe die letzten zwei Jahre damit verbracht, aus all meinen Deals rauszukommen.
      Ich will mir einfach das Herz nicht mehr brechen lassen

      David Coverdale sieht keinen Sinn mehr darin, Spekulanten und Abzocker in den Chefetagen der Plattenfirmen reich zu machen.

      Das Reunions von einstigen Hardrock-und Metal-Helden mitunter ein zweischneidiges, um nicht zu sagen: stumpfes Schwert sein können, wissen wir inzwischen zur Genüge. Eine löbliche Ausnahme bilden da die einst englischen und inzwischen sehr amerikanischen WHITESNAKE, angeführt von Ex-Deep Purple-Röhre und Mittfuffziger David Coverdale, die Anfang 2003 in den Staaten im Vorprogramm der Scorpions mit der Frische und Power von Jungspunden rockten und rollten und die Fans zwischen New York und L.A. Kopf stehen ließen. Ein Comeback nach Maß!

      Inzwischen haben sich die Herren der Weißen Schlange auch in der alten Welt livehaftig blicken lassen – Grund genug, um bei Chef David Coverdale ein paar Eindrücke über den Stand der Dinge und die Zukunft im WHITESNAKE-Camp einzuholen – sofern dies eine miese Handy-Verbindung, die prompt dreimal zusammenbricht, und eine viel zu knapp bemessene Interview-Zeit zulassen. Aaaaarrgghh!
      Grüß Gott!“ schallt’s in akzentfreiem Deutsch durch den Hörer. „Was machst du in Amerika, und ich bin in Deutschland?
           Sir David ist irgendwo zwischen Stuttgart und Hannover unterwegs, wo man am Vorabend Station machte und ein Wiedersehen mit den Scorpions feierte. Heute geht’s vor dem Gig mit einem alten Freund. Promoter-Legende Ossi Hoppe und dessen Sohn, Davids Patenkind, zum Essen, und nach der Schwaben-Metropole steht Coverdales alte Wahlheimat München auf dem Plan, wo der Sänger ein Rendezvous mit seiner erwachsenen Tochter erwartet, die extra aus England einfliegen will. Kein Wunder, dass sich Mr. WHITESNAKE Deutschland nach all diesen Jahren immer noch eng verbunden fühlt.
      Ja, ich fühle mich immer wohl hier, als ob ich hier zu Hause wäre. Es ist ein interessantes Gefühl für mich, wie es mir nur an ganz wenigen Orten passiert. Ich fühle mich in Tahoe, wo ich lebe, zu Hause, aber es ist immer etwas ganz Spezielles, wieder hierhin zu kommen. Natürlich haben sich die Dinge geändert, und ich bin nicht so arrogant zu denken, dass mich alle mit offenen Armen empfangen.
      Wir müssen wieder von vorne anfangen, aber es läuft wunderbar. Es wärmt mir das Herz, das nach sieben Jahren so viele Leute zu den Shows kommen und von meiner neuen Band begeistert sind. Dazu gibt es aber auch guten Grund, denn die Jungs sind sagenhaft
      .“
            Trotz der tollen Reaktionen und des persönlichen Enthusiasmus, den Coverdale für sein neues WHITESNAKE-Line-up mitbringt, gibt sich der Sänger zum Thema Neuanfang unerwartet zurückhaltend:
      Well, ich habe keine Lust, wieder in’s Musikgeschäft einzusteigen. Aber das hier, diese Auftritte, genieße ich sehr. Es gibt nichts Unverfälschteres, als vor einem Publikum, das Dich zu schätzen weiß, live zu spielen - das ist das, was mich interessiert. Und ich bin sehr froh, dass ich mir damit immer noch einen guten Lebensunterhalt verdienen kann. Aber dieser ganze Firmen- oder Konzern-Aspekt hinter der Musik geht mir am Arsch vorbei. Falls mein Körper und meine Stimme mitspielen, werde ich versuchen, in den nächsten drei bis fünf Jahren sechs Monate pro Jahr zu touren. Die restliche Zeit will ich mich ganz meiner Frau und meinem Sohn widmen.
            Aber Du hast zumindest Pläne, nach dieser Tour mit dem Schreiben und Aufnehmen einer neuen WHITESNAKE-Scheibe anzufangen, oder?
      Vielleicht – wenn Du mir verraten kannst, wie ich den Leuten ein Album zugänglich machen kann, ohne dabei meine Integrität kompromittieren und mich mit diesen Geschäftsleuten rumschlagen zu müssen. Material hätte ich mehr als genug, denn ich schreibe laufend neue Songs, und ich bin von meinen neuen Musikern begeistert. Aber das Einzige, was bei mir in diesem Jahr auf dem Plan steht, ist ein Live-Doppelalbum, weshalb wir auf dieser Tour viele der Shows mitgeschnitten haben. Das ist auf meiner Website der am meisten geäußerte Fan-Wunsch – ein „Greatest Hits“-Livealbum, weil ich noch nie eines gemacht habe
            Und gibt’s parallel dazu auch eine Live-DVD?
      Well, jeder spricht mich auf DVD’s an, aber alle wollen die DVD umsonst, und da musste ich ihnen freundlichst zu verstehen geben, sie sollen mich mal am Arsch lecken.
      Klar wäre es schön, eine Show auf diese Weise zu dokumentieren, und ich weiß, dass viele Leute daran Freude hätten, aber dazu müssen einfach auch die Rahmenbedingungen stimmen.
      Man hat mir zum Beispiel bei Warner Bros. einen Deal über 175.000 Dollar angeboten, was sich zunächst nicht mal schlecht anhört. Aber dann stellte sich heraus, dass ich dafür alle Produktionskosten tragen sollte, was so um die 100.000 Dollar verschlungen hätte, und dann wollten sie die Rechte für zehn Jahre. Da habe ich gesagt: „Forget it!“
      Bei so einem Deal bleibt im Endeffekt nichts mehr hängen, und das muss ich mir nicht geben.
      Falls ich wieder ins Business einsteige, dann wird es eine Partnerschaft sein. Was ich in dieser Hinsicht interessant finde, ist dieses neue iTunes-Konzept von Apple, wo man für je 99 Cents Songs downloaden kann. Mal sehen wie sich das entwickelt - Bono und Alanis Morissette haben dem Programm ja ihren Segen gegeben. Wenn ich zehn, fünfzehn Songs aufnehmen und sie auf diese Weise anbieten würde, könnten sich die Leute die Songs aussuchen, die ihnen gefallen, und sich quasi ihr eigenes Album zusammenstellen. Die Sache ist nur: Millionen von Menschen haben einen Computer, aber viele weitere Millionen keinen. Nur den Musik-Konzernen kann man mit Musik einfach nicht mehr trauen. Die ganze Dynamik hat sich verändert. Bei meinem Label Electrola/EMI, wo ich fast 30 Jahre lang war, kenne ich inzwischen niemanden mehr. Es ist traurig, denn ich habe dort mit ein Paar großartigen Leuten gearbeitet und viel Spaß gehabt. Aber ich habe die letzten zwei Jahre damit verbracht, aus all meinen Deals rauszukommen. Ich will mir einfach das Herz nicht mehr brechen lassen.“
           
      Allerdings wäre es jammerschade, wenn Coverdale seine jetzige Mannschaft nur zu Nostalgie-Zwecken benutzen würde, statt Nägel mit Köpfen – sprich: ein Album – zu machen. Speziell die Chemie zwischen DC und Gitarrist Doug Aldrich, der zuletzt Dio einen gehörigen Schub nach vorne verpasste, verspricht potenziell Großes.
      Ja, das Gefühl habe ich auch, und Doug selbst sieht das ähnlich. Er ist ein guter Mensch, der sein Herz an der richtigen Stelle hat, und wir haben eine fantastische Beziehung zueinander.
      Weißt Du, wenn ein weiteres WHITESNAKE-Album in den Sternen steht, dann wird es auch eins geben! Doug ist der Meinung, dass es sein Schicksal war, bei WHITESNAKE zu landen, und ich teile diese Ansicht. Ich hatte ihn schon länger im Auge, und die Tatsache, dass er jetzt dabei ist, und alles, was gerade passiert, macht mich dankbar. Was mit diesen Scorpions-Dates quasi als Versuchsballon angefangen hat, ist inzwischen zu einer Welttournee geworden, die ich im September in Japan abschließen werde.

           Vor Japan gehen WHITESNAKE allerdings diesen Sommer auf eine ausgedehnte US-Headliner-Tour, wo man unter dem „Rock never Stopps“-Banner mit Warrant, Kip Winger und Slaughter gemeinsame Sache macht. Ein Package, das bei vielen WHITESNAKE-Fans auf wenig Gegenliebe gestoßen ist.
      Das ist nicht mein Problem – I’m not a snob, you know!“, ist Coverdale hörbar angestochen.
      „ Wenn die Leute die Nase rümpfen wollen, ist das ihr Problem. Außerdem habe ich bisher weder von den Stones oder U2 oder Bruce Springsteen eine Einladung erhalten, für sie zu eröffnen. Mit dieser ganzen Meckerei, diese oder jene Band sei nicht gut genug, will ich nichts zu tun haben – das ist lächerlich und beleidigend! Wir haben dieses Jahr unseren Spaß, und wer nicht will, der bleibt eben zu Hause.

           Stört es dich nicht, dass WHITESNAKE mit den Achtziger-Hair-Metal-Bands in einen Topf geworfen werden, obwohl eure Roots ja ganz klar in den siebzigern liegen?
      Schau mal, die Situation ist die: Momentan sind die Promoter nur an Package-Touren interessiert, und wenn das die einzige Möglichkeit ist, um meine Fans zu erreichen – dann soll es so sein. Ich würde von Herzen gerne mit jemandem wie Jonny Lang oder Kenny Wayne Shepherd auf Tour gehen, aber dazu muss ich die Promoter erst mal davon überzeugen, dass sich WHITESNAKE-Tickets verkaufen können.
      Und um ganz ehrlich zu sein: Ich habe die drei Frauen, die mir im Leben am nächsten stehen – meine Ehefrau, meine Chiropraktikerin und meine Assistentin – gefragt, und alle fanden die Tour mit diesen Bands toll.

           Könntest du dir vorstellen, in Zukunft mal im Rahmen einer „Deep Purple-Family-Tree“- Tour mit Purple, WHITESNAKE und Glenn Hughes aufzutreten?
      Ich hätte kein Problem damit – allerdings könnten daraus Probleme entstehen“, orakelt David. „Mit dieser Idee ist aber noch niemand an mich herangetreten, und deshalb habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Wir hatten in England auch mit dem WHITESNAKE/Gary Moore/Y&T-Package eine Menge Leute. Und ich hoffe, nächstes Jahr Thunder und die Quireboys mitzunehmen und quasi die „Monsters Of Rock“ von 1990 wieder aufleben zu lassen. It should be a blast! Ich will einfach nur spielen – das ist das Wichtigste.
      Und wenn ich meinen Namen raushänge und die Leute kommen, um mich zu sehen, dann will ich WHITESNAKE-Material spielen. Meine Musiker würden zwar liebend gerne „Burn“ bringen, aber das ginge auf Kosten von zwei WHITESNAKE-Songs; das Gleiche gilt für „Mistreated“. Aber ich muss sagen: Die Beste Reaktion in Europa lösen Sachen wie „Walking In The Shadow Of The Blues“ aus. Der alte Stoff kommt überall riesig an. Natürlich sind das die Songs, die WHITESNAKE in Europa groß gemacht haben."
          
      Dagegen spulte man in den Staaten, wo die Hardrockwelt von WHITESNAKE erst mit dem Megaseller „1987“ richtig Kenntnis nahm, ein weitaus eng gesteckteres Programm ab. Ein bisschen Nachhilfe-Unterricht in Sachen Snakeology wäre aber auch dort nicht fehl am Platze, Herr Coverdale.
      Ja, das ist auch meine Absicht. Ich schlage mich jetzt schon seit Jahren mit dem Problem rum, das WHITESNAKE grundsätzlich als zwei verschiedene Bands betrachtet werden.
      Und die „Live Greatest Hits“ –Geschichte kann da hoffentlich Abhilfe schaffen. Wir werden den Amerikanern auf der kommenden Tour zumindest „Ain’t No Love In The Heart Of The City“ und „Walking In The Shadow Of The Blues“ vorstellen. Ich will dieses fucking Dilemma endlich aus der Welt schaffen.
      Sonst noch was auf dem Herzen mein Freund?

      Ja, eigentlich eine ganze Menge…

      Sorry, aber die halten mich hier an einen ziemlich tighten Zeitplan.

           Verdammt…

      Chris Leibundgut

      Quelle: Rock Hard 08/2003

      Deep, deeper.... deepest-purple... :thumbup:

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      Re: WHITESNAKE – Ready An’ Willing? Interview mit David Coverdale

      Hallo Ripley, willkommen in unserem Forum.Schön,daß Du dabei bist und wie Du siehst hat es sich schon für Dich gelohnt. Also dann auf ein nettes Miteinander und vielen Postings von Dir. Viele Grüße Frank und Irene

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