So, neu im Forum sage ich erst mal Hallo an alle! Ich bin nun schon seit 13 Jahren Deep-Purple-Fan und irgendwie auch -Kritiker, habe zahlreiche Alben der Gruppe und natürlich auch der damit verbundenen Bands. Blackmore’s Night kenne und höre ich seit ihrem Bestehen, und eins muss ich sagen: Die Musik ist schon sehr, sehr gut.
Nun zum Thema: Nachdem ich vor zwei Jahren schon einer großartigen Blackmore’s-Night-Tour beiwohnen durfte, war ich gestern ganz gespannt, als ich mich auf den Weg nach Düren machte. Ziel: Schloss Burgau. Und es sollte ein sehr ärgerlicher Abend werden. Ja, es wird hier schon deutlich: Mein Konzertbericht wird ein ziemlicher Verriss. Das hängt allerdings nur bedingt mit der Musik zusammen.
Um 17.30 Uhr kam ich an. Es waren schon relativ viele Menschen da, die auf den Einlass warteten. Der sollte um 18 Uhr sein. War er aber nicht. Ganz und gar nicht. Herr Blackmore war noch nicht da. Er wurde dann irgendwann in einem Wagen vorbeigefahren, die Fenster schön behängt, so dass die Fans ihn nicht sehen konnten bzw. damit er die Fans nicht sehen musste. Naja, sein gutes Recht! Derweil Herr Blackmore sich zum Schlossherrn krönen ließ, warteten die Konzertbesucher auf engstem Raum gedrängt vor den Burgmauern. So wie das hungrige Volk im Mittelalter, das gerne ein paar Brotkrumen zugeworfen bekommen hätte. Und wartete. Und wartete. Um 19 Uhr endlich – mit einer Stunde Verspätung also – ging die Tür auf. Aber nicht um die Leute reinzulassen. Nein! Ein Sicherheitsmann verkündete, der Künstler (ja, es sollte an diesem Abend nie die Rede von einer Band sein – man sprach immer nur von „dem Künstler“) habe erklärt, er wolle noch keine Leute im Innenhof haben. Vor mir standen zwei Frauen, die nach anderthalb Stunden Warten so frustriert waren, dass sie mit einem Gruß an den Künstler ihre Eintrittskarten in der Luft zerrissen und nach Hause gingen. Eine bewundernswerte Konsequenz! Auch Pfiffe wurden laut und da spürte man es wieder: Der normale Musikfan respektiert zwar die musikalischen Fähigkeiten von Herrn Blackmore, findet ihn aber nicht sehr sympathisch. Eine Ausnahme ist wahrscheinlich der Großteil derjenigen, die verkleidet zum Konzert kommen. Auf diese Klientel machen doch wohl auch die historisch blödsinnigen und eskapistisch motivierten Texte von Candice Night großen Eindruck.
Einlass war dann endlich um 19.20 Uhr. Danke Herr Blackmore! Um 20 Uhr fingen die Geyers an zu spielen und es gab einige technische Probleme. Nichtsdestotrotz: Sie haben eine gute Show abgezogen, sich viel Mühe gegeben und sehr kurzweilig gespielt. Nach ihrem Mini-Konzert wurden dann die entsprechenden Umbauten auf der Bühne erledigt und dann kam eine Stimme über die Lautsprecher, die die vom Künstler angeordneten Verhaltensregeln für das Konzert verkündete:
1. Der Künstler möchte nicht, dass fotografiert wird. Sollte es dennoch jemand tun, wird ihm der Film, die Speicherkarte oder was auch immer weggenommen und er muss das Konzertgelände verlassen. – Aha, Herr Blackmore möchte also nicht fotografiert werden.
2. Der Künstler möchte während des Konzertes Ruhe haben und nicht gestört werden. Man hätte denken können, man sei in der falschen Show, aber es ging tatsächlich um Ritchie Blackmore und nicht um Klaus Kinski.
Entsprechend wurde Herr Blackmore dann auch aus verschiedenen Seiten des Publikums ausgepfiffen, als er sich um 21.15 Uhr hinreißen ließ, die Bühne zu betreten. Konsequent ignorierte er das Publikum dann auch in den ersten zwei Minuten, indem er nur vor sich auf den Boden und auf die Gitarre starrte. Erinnert einen irgendwie an die gute alte Zeit, indem es ein gewisser Ian Gillan, ein gewisser Roger Glover, ein gewisser Jon Lord und ein gewisser Ian Paice nicht mehr länger aushielten und einen gewissen Künstler als unberechenbar, verrückt und absolut rücksichtslos einstuften.
Kommen wir zum Konzert: Das dauerte in etwa eine Stunde und 45 Minuten. Klar, wer so spät anfängt, muss nicht sonderlich lange spielen. Gute Strategie! Dennoch: Man muss ALLEN Künstlern zugute halten, dass sie ihr Bestes gegeben haben. Auch Herr Blackmore! Jawohl, er hat gut gespielt. Der Opener „Morning Star“ war zwar etwas schwach, und auch die Technik hat (während des ganzen Konzertes) immer quer geschossen – die Lautstärke der Instrumente war nicht aufeinander abgestimmt, und teilweise war Candice Night nur noch ganz schwammig zu hören –, aber das ist wahrscheinlich mehr das Problem des Konzertortes. Der Band kann man das nicht vorwerfen, gleichwohl es natürlich den Konzerteindruck, insbesondere nach den Vorerlebnissen, noch einmal, sagen wir, ungünstig beeinflusst. Absoluter Höhepunkt des im Übrigen insgesamt ziemlich rockig ausgefallen Konzertes war wohl „Child In Time“, das direkt mit den ersten Klängen wohlige Schauer ausgelöst hat. Ansonsten gab es auch noch (in anderer Reihenfolge) „Queen For A Day“, „Durch den Wald zum Bach Haus“, „Soldier Of Fortune“, „The Clock Ticks On“, „Ariel“, „Under A Violet Moon“, „Home Again“, „Diamonds And Rust“, „Mr. Peagram’s Morris And Sword“, „Loreley“, „All For One“, „I Can Still Remeber“, “Difficult To Cure”, “Wind In The Willows” und „Old Mill Inn“, ein Stück des neuen Albums (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Ja, Blackmore hat die Gitarre und die Band beherrscht. Immer wieder hat man gemerkt, dass der Inszenierungsgestus der Band – „Wir sind eine Gemeinschaft, die gerne musiziert – mit euch und für euch“ – Teil einer Strategie ist, einer Strategie, an die vielleicht sogar die Gruppe selbst glaubt, die aber darauf angelegt ist, gerade das zur Schau gestellte unökonomische Denken und die vermeintliche Freude am Musikmachen zu transportieren. Tatsächlich ist es noch immer Ritchie Blackmore, der genau bestimmt, was wann wie passiert. Die Band ist nur ein Mittel, „den Künstler“ in einem neuen Gewand zu präsentieren. Damit soll freilich nicht bestritten werden, das Herr Blackmore selbst irgendwie an das glaubt, was er andere glauben machen will.
Man kann darüber streiten, ob ein Künstler seinem Publikum Respekt entgegenbringen sollte. Er ist dazu nicht verpflichtet. Aber er sollte sich natürlich auch nicht wundern, wenn ein Großteil dieses Publikums irgendwann nicht mehr für ihn antritt. Immerhin werden dann noch die ersten vier Reihen mit 30 Blackmore’s-Night-Fans in mittelalterlichen Kostümen besetzt sein, die „ihren“ Ritchie und „ihre“ Candice feiern, auch dann noch, wenn „der Künstler“ ihnen schon längst den Rücken gekehrt hat.
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