Alben, die (vielleicht) keine Sternstunden waren

      Alben, die (vielleicht) keine Sternstunden waren

      Vieles, was Deep Purple gemacht haben, hat längst den Status der Unsterblichkeit erworben. Aber wir haben es nicht mit rockenden Robotern zu tun, die beständig Spitzenleistungen erbringen könnten, sondern mit Menschen aus Fleisch und Blut, die bei aller Professionalität, wie wir alle, Schwankungen unterliegen. Und so nimmt es nicht wunder, dass es auch DP-Alben gibt, die es nicht auf den Rock-Olymp geschafft haben. Reviews und Kritiken solcher Alben könnten uns vielleicht dabei helfen, sie mit ganz anderen Ohren zu hören, weil uns Gesichtspunkte zufallen, die wir bisher nicht beachtet haben. Heute werde ich mal den Versuch unternehmen, eine solche Diskussion ingang zu bringen.

      THE HOUSE OF BLUE LIGHT

      Gediegen, zuweilen gut, routinierte, in der Regel sehr gute Instrumentalarbeit mit zumeist sehr gutem Gesang, Songs die man zuweilen gut anhören kann usw.: Alles in allem klingt so etwas doch ganz gut und trifft zweifelsfrei auf das hier zu besprechende Album zu. Aber, gemach, wir haben es hier mit der legendären Mark-II-Formation zu tun. Und da erinnern wir uns doch daran, dass wir zuvor meist gänzlich andere Beurteilungen zur Hand hatten. Der Griff in die Euphoriebüchse konnte gar nicht tief genug sein, wenn wir in Worte fassen wollten, was wir da gerade erlebten. Da wurde direkt nach den Sternen gegriffen, da ging so richtig die Post oder gar die Rakete ab, da musste fortan die Rockmusikgeschichte neu geschrieben werden und überhaupt brach ein ganz neues Zeitalter an. Man überschlug sich geradezu vor Begeisterung und geriet in eine Dauerekstase.
      Aber gerade von diesen Superlativen ist "The House of blue Light" meilenweit entfernt. Und folglich greift man zu eher nüchternen Beurteilungen, wie oben geschehen. Mich befällt dabei der Gedanke an einen rockenden Biedermann, dem sein Brandstifter, der ihm ordentlich Feuer unterm Hintern gemacht hätte, abhanden gekommen ist.

      Es fehlt bei aller Solidität das Feuer, das für unvergessliche Momente unerlässlich ist. Die Songs sind zuweilen gut anzuhören, taugen gewiss auch für Musiksendungen im Radio, aber sie prägen sich mir (mit einer Ausnahme) einfach nicht ein. Wenn man Songs wie "Child in Time", "Fools", "Highway Star" oder "Knocking at your Backdoor" (um nur mal einige Songs dieses Line-Ups zu nennen) zum ersten Mal hörte, dann blieben sie sofort im tiefsten Inneren hängen. Man wurde sie einfach nicht mehr los. Genau das aber zeichnet außergewöhnliche Songs aus. Solche Songs sucht man in diesem Album aber vergeblich. Man kann die Scheibe abspielen und gleichzeitig in der Küche den xten Versuch machen, ein guter Koch zu sein, ein passionierter Heimwerker kann in seinem Keller nebenbei ein Wandregal der Marke "Do it yourself" zimmern und man kann ebenso gut ein spannendes Buch nebenher lesen.

      Rein handwerklich ist den Künstlern eigentlich überhaupt kein Vorwurf zu machen. Alle demonstrieren, wenn auch zum Teil mit deutlicher Zurückhaltung, ihre Meisterschaft an den Instrumenten. Den Rhytmusmusikern muss man ohnehin eine tadellose Arbeit bescheinigen. Man kann ihnen nun wirklich nicht vorwerfen, dass sie, wenn die Melody-Maker einen Foxtrott wollten, daraus keinen harten Rock'n'Roller hervorgezaubert haben. Ian Gillans Stimme klingt bei einigen Songs merkwürdig entrückt (vielleicht Folge von Fehlern bei der Produktion), bei anderen Songs (vor allem, wenn Blues im Spiel war) aber auch sehr stark. Jon Lord ist immer dann bärenstark, wenn er die 'traditionellen' Tastinstrumente (Hammond und Piano) bedient, an seine Ausflüge zum Synthesizer kann ich mich manchmal nur schwer gewöhnen. Und Ritchie Blackmore: Bei der ersten Hälfte des Albums beschleicht mich das Gefühl, er habe während der Produktion mal eben die Tür zum Studio geöffnet, "Guten Tag" gesagt, dann eine Minute auf seiner Gitarre gezupft, um hernach mit einem fröhlichen "Tschüß" das Studio wieder zu verlassen. Erst in der zweiten Hälfte blitzt sein außergewöhnliches Können zeitweise auf.

      Bad Attitude und "The unwritten Law" bieten zuweilen soliden Hardrock mit feinen von Jon Lord gelegten Klangteppichen, guter Rhythmusarbeit und gutem, wenn auch nicht überragendem Gesang. Gitarre hört man nur sehr flüchtig, verbunden mit dem Eindruck, dass einige für die Gitarre vorgesehene Passagen vom Synthesizer abgedeckt werden. Es fehlt ein wenig der Spannungsbogen.
      Call of the Wild ist solider R & B, der jedoch auch von den Stones hätte gespielt werden können. Mad Dog ergibt soliden Hardrock mit sehr guter Rhythmusarbeit und einem sehr gut aufgelegten Ian Gillan. Endlich kann man auch ein wenig mehr als nur die Andeutung von Gitarre vernehmen. Bei Black & White haben wir es mit einem vom Blues geprägten Song zu tun, mit einem Song also, der von Ian Gillans superber Bluesstimme geprägt wird. Hard Lovin' Woman[u][/u] reicht natürlich an Hard lovin' Man nicht heran. Immerhin sorgt die Rhythmusabteilung für ein gutes DP-typisches Tempo und Ritchie Blackmore leistet hier gute Gitarrenarbeit.
      Wenn The Spanish Archer erklingt, sollte man Kochlöffel, Bohrer und Buch mal beiseite legen, denn hier haben wir es mit dem besten Song des Albums zu tun. Großartiges Tempo, großartige Keyboards und auch hervorragender Gesang. Aber vor allem erleben wir Ritchie Blackmore mal so, wie unzählige Fans ihn am liebsten sehen: als unerbittlichen Sklaventreiber, der seine Mitstreiter zu Höchstleistungen antreibt und selbst überaus zauberhafte Töne aus seinem Instrument herausholt und dabei seiner Lieblingsdisziplin nachgeht, Anleihen aus europäischen Musiktraditionen zu bearbeiten. Der einzige Song des Albums, der Zugang zu meiner Seele gefunden hat.
      Wir bitten zum Tanz - und Deep Purple beweisen beim Song Strangeway, dass Pasodoble verdammt rockig klingen kann. Jon Lord bearbeitet sehr gekonnt den Synthesizer, wobei ich mich nie so recht an dieses Instrument gewöhnen konnte. Da Tanzmusik immer auch Swing enthält, haben wir es mit einem Heimspiel für Ian Paice zu tun und von Roger Glover wissen wir eh, dass er seinen Bass bei jeder Gelegenheit passend einzusetzen weiß. Ian Gillans Gesang gefällt mir hier nicht so gut. Das ändert sich bei Mitzie Dupree. Bei diesem Song, der recht 'heavy' daherkommt, ist Gillans Stimme sehr ausdrucksstark. Jon Lord bewältigt gleich zwei Aufgaben: mit der Orgel legt er einen schönen Klangteppich und mit dem Piano packt er einige schöne solistische Einlagen (teilweise im Duell mit Ritchie Blackmore) drauf. Das Album schließt mit Dead or Alive. Ein temporeicher Song, der entfernt ein wenig an "Burn" erinnert. Vielleicht ist das der Grund, warum Ian Gillans Stimme hier ein wenig entrückt klingt. Jon Lord (mit der Orgel) und Ritchie Blackmore (hier noch einmal deutlich präsent) liefern teilweise im Wechselspiel feine Instrumentalintermezzi und Roger Glover und Ian Paice zeichnen für das feine Tempo verantwortlich. Durchaus noch einer der besseren Songs.

      Fazit: Wer nun einen Totalverriss von mir erwartet hat, wird vielleicht enttäuscht sein, aber auch jetzt, da ich dieses Kurzreview schreibe, fehlt mir etwas, was ich bei anderen Reviews durchaus habe: das Gefühl, auch beim Schreiben noch regelrecht aufgewühlt zu sein.
      Rock on! nainallig

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „nainallig“ ()

      Hallo,
      im Großen und Ganzen kann ich mich dir anschließen. Aber die Geschmäcker sind doch verschieden.
      The spanish archer ist der Song, der mir auf der Platte am wenigsten gefällt. Ich habe eigentlich alle Songs im Ohr, nur diesen nicht.
      Handwerklich ist die Platte gut gemacht und die Lieder sind angenehm zu hören.
      Progressiv ist das Album sicher nicht, aber ich gehe mal davon aus, dass bei so einer Produktion auch immer wirtschaftliche Zwänge
      dahinterstehen und das Management und die Plattenfirma auch eine bestimmte Vorstellung haben.
      Ich denke Ende der 80ger waren DP bei der nachwachsenden Generation nicht ganz so populär.
      Gruss Hans-Jürgen
      Danke, prima ausgeführt. Vieles kann ich nachvollziehen.

      Für mich ist es zwar das vielleicht schwächte DP Studioalbum vor Morse. Aber auch ich mochte es.
      Gerade Songs wie "Dead Or Alive" (Tolle Soli) und "Strangeways", die immer verissen wurden mag ich sehr.
      Aber auch "Mitzi Dupree" ist ein toller Song. "Spanish Archer" ist aber auch bei mir ein Song, den ich eher unauffällig finde.

      Besonders hat mir an dem Album gefallen, dass Sie viel ausprobiert haben. Das Schalgzeug z. B. gefällt mir viel besseer als auf "Perfect Strangers".
      Ich persönlich mag aber "The Battle Rages On" lieber und auch "Slaves & Masters" finde ich nciht schlecht.

      Die Synthesizer auf Strangeways sind glaube ich nicht nur Keyboard, sonder auch Guitar-Synthesizer.

      Kalle

      Kalle



      Sweet CHILD IN TIME....
      see the blind man shooting at the world...
      Mit kommt es vor, als sei The house of blue light wieder eines dieser DP-Experimente. Die zu damaliger Zeit vorhandene Technik einzusetzen und schauen, was dabei rauskommt. Mit The unwritten law und Mad Dog sind 2 Stücke auf der LP, die mir heute noch sehr gut gefallen. Der Rest ist solide Handarbeit, jedoch ist und war DP keine Sythesizerband.
      Mit The battle kann ich außer ANYA nichts anfangen, sorry. Man hört es sich an und wenn die Platte beendet ist, kommen eh die alten Schätze auf den Teller.
      Zum Abschluß möchte ich noch ein kurzen Beispiel anführen: Auch in meinem Besitz sind alle LP´s und Singles von SWEET. Vom Bubblegumsound zum Hardrock. Viele sagten, das Desolation Boulevard das beste Album war. Für mich ist es Sweet F.A. Ein grandioses Album was aus Schonungsgründen der LP als CD zuhause und im Probenzimmer rauf und runter läuft. Und manchesmal machen wir den Herren ein wenig Konkurenz. :D Keep on rockin
      N.S. Macht weiter so. Es gibt genug an Alben, über die wir hier diskutieren können. Macht richtig Spaß.
      ,,,d(^L^)b,,,

      Ich habe Sweet mit der "Sensational Sweet" Box wiederentdeckt. Dazu habe ich mir noch "The Sweet Early Years" geholt (mit einem vin Gillan/Glover geschriebenen Song), die eben vor dem ersten Album aufgenommen wurden. Es ist sehr interessant die Entwicklung der Band zu analysieren - konnte jedoch kein schwaches Album erkennen (Ich habe nur die Alben mit Brian Conolly gehört).
      Und auf B-Seiten und Alben ist es verdammt guter Hardrock, mit starker Gitarrenarbeit und einem herausracgenden Mick Tucker an den Drums.

      "Sweet F.A." ist auch mein Favorit.

      "Fox On The Run" ist in der Albumversion z. B. noch härter und "Love Is Like Oxygen", eher ein Pop-Roc-Song, ist in der ALbum version eine Prog-Classik-Rock Perle mit fast 8 Minuten Spielzeit (völlig anders als die Single).

      Jetzt will ich mir die drei Alben ohne Conolly anhörern, bei denen Steve und Andy sich den gesang geteilt haben.

      Hat jemand zufällig die CD "Platinum Rare" mit Demos von Reperoire? Es ist vergriffen und z. Z. sehr teuer. Ich habe zwar die Songs, aber mir fehlen die Liner Notes. Vielleicht kann mir jemand helfen?

      Kalle



      Sweet CHILD IN TIME....
      see the blind man shooting at the world...

      hst.net schrieb:


      Ich denke Ende der 80ger waren DP bei der nachwachsenden Generation nicht ganz so populär.
      Gruss Hans-Jürgen


      Waren sie auch nicht...als House of Blue Light erschien war ich 20 oder 21 und die Metal Fans, mit denen ich herumhing (und das waren bestimmt nicht wenige) fuhren entweder auf diesen Poser Kram a la Dokken, Mötley Crüe oder WASP ab oder Speed-/Thrash Metal. Ich hörte mir eigentlich so ziemlich alles an und war zudem noch ein fanatischer Gillan Fan, was bei den meisten meiner Kumpels nur ein Kopfschütteln (ich rede nicht von headbangen) auslöste. Mir war das egal. Ich fand Blue Light zwar nicht mehr so gut wie Perfect Strangers, hab's mir aber trotzdem gerne angehört. Mit Unwriten Law, Dead or Alive, Strange Ways waren da nämlich einige echte Perlen drauf. Bad Attitude war auch ok, Call of the wild fand ich etwas kitschig und das dazugehörige Video reichlich dämlich. Für mich ist die Platte halt ne schöne jugenderinnerung und in meinen Ohren die letzte Purple Platte, die richtig gut war. Battle Rages On gefiel mir überhaupt nicht und daß ich mit der Morse Ära so rein gar nichts anfangen kann, dürfte hier hinreichend bekannt sein. Prost!
      BLESS SUNDAY WITH BLACK SABBATH!

      heavy metal gmbh schrieb:

      Es gibt genug an Alben, über die wir hier diskutieren können. Macht richtig Spaß.

      ​Das finde ich grundsätzlich auch. Für mich geht es vor allem darum zu lernen. Vier Ohren hören mehr als zwei Ohren, sechs Ohren mehr als vier u. s. w. .
      ​Eure anderen Meinungen führen dazu, dass ich "The House ..." noch einmal ganz anders hören kann als vorher, indem ich auf von Euch eingebrachte Aspekte achte, die ich bisher vielleicht zu wenig bemerkt habe. Das genau ist der Sinn dieses Threads und ich gebe Dir recht, Wolfgang, dass diese Diskussion weiter gehen sollte, dass auch Alben anderer Line-Ups besprochen werden sollten, mit genau demselben Zweck. Nur halte ich es für unklug, wenn ich immer das Eingangs-Review schreibe, denn ich kann selbstverständlich auch nicht immer über meinen eigenen Schatten springen und dann besteht die Gefahr, dass alles etwas eindimensional gerät, wegen der stilistischen Ähnlichkeiten der Reviews, aber auch deshalb, weil meine Vorlieben dann als Diskussionsgrundlage zu sehr im Vordergrund stehen. Rock on! nainallig
      Hallo liebe Gemeinde, nach längerer Zeit des nur Mitlesens möchte ich mir hier an der gestarteten Diskussion gerne auch mal wieder beteiligen. Zumal solche persönlichen Bewertungen ja auch immer sehr interessant in der Rückspiegelung durch andere sind. Weicht die eigene Wahrnehmung einer CD so deutlich von denen von anderen ab oder „heult man mit den Wölfen“?

      In diesem Falle ist es zusätzlich noch besonders interessant, da „The House of blue light“ in letzter Zeit sehr oft wieder während der Autofahrt oder über die heimische Anlage lief. Ich will nicht gerade behaupten, dass die Platte bei mir in Vergessenheit geraten aber sie schlummerte schon einige Jahre eher still. Da ist sie aber nicht allein aus dem Hause Deep Purple, der Einzug der Technik via Alexa verführt manchen dazu, ganz konkret schon mal nur einzelne Titel abzurufen und nicht den ganzen Tonträger zu hören. Irgendwann so vor vier oder fünf Monaten stand mir aber der Sinn gerade nach dieser CD und seitdem läuft sie ziemlich regelmäßig.

      Jetzt muss ich voranstellend sagen, dass ich zwar durchaus ein „alter Hase“ in Sachen Deep Purple bin, meine musikalische Sozialisierung für Pop und Rock aber erst begann, als diese Band Geschichte war und mein Weg vor allem über Rainbow hinweg auch zu Deep Purple zurückführte und ich die klassische MK2 Besetzung mehr nostalgisch bewerte denn aus eigener „langer“ Wegbegleitung. Nichtsdestotrotz steht die LP von „The House of blue Light“ natürlich seit Erscheinen im Plattenschrank.

      Jetzt aber zum erlebten Hören und zur Bewertung im Vergleich zur obigen sehr interessanten und ausführlichen Review des Themenstarters, wobei ich aber nicht die Songs einzeln komplett anreißen will, sondern eher Gruppen bilde. Gruppen von Songs, die ich im Moment einfach nicht aus dem Ohr herausbekommen und solche, die einfach mitlaufen.

      Vorweg: ich mag in diesem Fall den eher untypischen Synthesizer-Sound der Platte.
      Die Gruppe der „Ohrwürmer“ sind für mich die folgenden Songs:“The unwritten law”, “Mad dog” (fast ein Sing-a-long-Song),”The spanish Archer”, “Strangeways”, “Mitzi Dupree” und “Dead or alive”.
      “The unwritten law“ und „Strangeways“ wegen der für mich vollkommen untypischen Grundstruktur der Songs die ein beständiges Fußwippen hervorrufen, „Mitzi Dupree“ weil es einer der wenigen Songs ist, bei dem ich von Beginn an tatsächlich bewusst auf den Text achtete und die Stimme mal nicht nur als ein weiteres Instrument betrachtete weil der Spannungsbogen des Intros so deutlich auf die kommende Geschichte hinwies. „The spanish Archer“ weil ich inzwischen ziemlich sicher bin, dass das einer meiner Allzeit-Favoriten von Deep Purple ist (wobei ich zugeben muss, dass da schon einige Songs zusammenkommen) und „Dead or alive“ nicht verhindert, dass ich nach dem Durchhören eigentlich sofort wieder von vorn mi der CD beginnen möchte.
      „Bad Attitude“ folgt direkt hinter der Gruppe, fesselt mich aber eher mit dem Keyboard zum Ende als über den ganzen Song hinweg. Die zwei anderen Songs nehme ich zugegebener Maßen eher mit, als dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Warum gerade für „Call of the wild“ ein Video gedreht wurde (obwohl es in diesem ja eher darum ging keines zu drehen) habe ich schon damals nicht verstanden.

      Insgesamt also für mich ein sehr hörenswertes Album, etwas untypisch und vielleicht daher eher eines das ein bisschen mit der Zeit reifen muss.
      Danke fürs Lesen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „chris“ ()

      Hallo Chris,
      Call of the wild ist ja von der Machart ein eher kommerzieller Radiotauglicher Song. Ich gehe mal davon aus, dass der auch deshalb für das " etwas seltsame" Video ausgewählt wurde.
      Besitzt du echt so ein Alexa Teil ? Da hast du ja die Wanze faktisch im Zimmer stehen.
      Sowas kommt mir auf keinen Fall in die Hütte. :666:

      Gruss Hans-Jürgen

      hst.net schrieb:

      Hallo Chris,
      Call of the wild ist ja von der Machart ein eher kommerzieller Radiotauglicher Song. Ich gehe mal davon aus, dass der auch deshalb für das " etwas seltsame" Video ausgewählt wurde.
      Besitzt du echt so ein Alexa Teil ? Da hast du ja die Wanze faktisch im Zimmer stehen.
      Sowas kommt mir auf keinen Fall in die Hütte. :666:

      Gruss Hans-Jürgen


      Hallo Hans-Jürgen,

      bei der Alexa bin ich im Moment noch schmerzfrei, da keine negativen Erfahrungen vorliegen. Habe werde Besuch vom Staatsschutz wegen aufrührerischer Reden, noch Warenlieferungen ohne Bestellung erhalten. Und meine Kontonummer habe ich im Kopf und sage sie beim Aufschreiben nicht vor mir her. Der Rest der Unterhaltungen zu Hause ist , glaube ich einfach, für Dritte nicht interessant genug.

      Als Musikabspielgerät dient Alexa mir hingegen bisher sehr zuverlässig :brav: (obwohl Songs vom "Battle rages on" Album bisher nicht zu hören waren - vielleicht red ich da auch zu undeutlich :weia: )

      Zu "Call of the wild" : Ja, nehm ich an, dass sie so gedacht haben. Bei mir haben sie zumindest den Nerv nicht getroffen - da dann doch lieber den "Spanish Archer"

      Gruß
      Chris
      ABandOn

      Ein weiteres Album, das viele nicht unbedingt für eine Sternstunde halten ist ABandOn, hier gehen die Meinungen bekanntlich ziemlich auseinander. Die Einen feiern das Album als rockiges Gegenstück zum „poppigen“ Purpendicular, die Anderen finden es in seiner Monotonie unerträglich langweilig. Meine Meinung liegt genau dazwischen. Ich mag Purpendicular, weil die Band hier neue Einflüsse zugelassen hat und man nicht um jeden Preiß nach Deep Purple klingen wollte/musste. Bei ABandOn ist es total anders, hier merkt man in jeder Sekunde, wer am Werke ist, sprich: Deep Purple Sound pur! In der ersten Hälfte (Track 1-6) ist es sehr gut gelungen, zum einen den klassischen harten Sound durchzuziehen und andererseits frisch nicht langweilig zu klingen. Ab Track 7 (Bludsucker ausgenommen) werden die Songs jedoch zunehmend ähnlicher und die leichte Monotonie beginnt zu stören. Also ein Hälfte/Hälfte-Album, auf das ich jetzt ein bisschen ausführlicher eingehen will.

      Any Fule Kno That:
      Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum viele den Song so sehr hassen, gut, der „rap-artige“ Gesang von Ian Gillan ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig, aber der Song an sich ist so rockig wie Deep Purple schon länger nicht waren. Es groovt an allen Ecken und Enden und der Song braucht ungefähr eine halbe Sekunde um mich zum mitwippen zu bringen. Ein richtig starker Anfang!

      Almost Human: …hat einen schönen Groove und animiert schon wieder sofort zum Kopfnicken, außerdem verbreitet er (zumindest bei mir) gute Laune. Zum ersten Mal bewusst gehört habe ich Almost Human auf YouTube als schlechte Handyaufnahme von einem Konzert aus Berlin 2010 und ich muss ehrlich sagen, mir gefällt die Liveversion von 2010/2011 immer noch besser als die Studioversion und die Liveversionen um 1998. Trotzdem ist der Song auch in der Studioversion sehr gut und ich würde ungern auf ihn verzichten.

      Don’t Make Me Happy: Was ist jetzt los? Ich dachte das Remake auf dem Album wäre Bloodsucker, pardon Bludsucker, und nicht When A Blind Man Cries? Das sind normalerweise meine ersten Gedanken zum Anfang von Don’t make me happy und auch sonst hat der Song eine gewisse Ähnlichkeit zum Blind Man, aber ihn als Abklatsch abzustempeln wäre schlicht ungerecht. Der Song steigert sich im Refrain so sehr, dass man auch hier wieder beim Mitwippen angekommen ist. Reine Bluesballade? Fehlanzeige. Groovige Rock/Blues Ballade? Schon eher. Egal, ich mag den Song und er ist definitiv einer meiner Lieblinge auf dem Album.

      Seventh Heaven: Auch hier wieder ein interessanter Anfang, der jedoch schnell in einen schnellen Rocksong überleitet. Das Riff ist mir ehrlich gesagt ein bisschen zu „morseig“, aber die Strophen und die Breaks und vor allem das ruhige Solo geben dem Song dann doch noch eine etwas andere Note. Der angesprochene ruhige, sich steigernde Soloteil würde sich eigentlich ausgezeichnet für ein langgezogenes Morse/Lord, bzw. Gitarren/Orgel Duell eignen, schade, dass man diese Vorlage nicht genutzt hat. Unterm Strich betrachtet zündet der Song bei mir trotzdem irgendwie nicht richtig, begründen warum kann ich allerdings auch nicht.

      Watching The Sky:
      …habe ich als frischgebackener Deep Purple Fan 2009 zum ersten Mal auf der CD zum Concerto-Auftritt in der Albert Hall 1999 gehört, schon damals hat mir der krasse Gegensatz von sehr ruhig und extrem rockig gut gefallen. Das Zusammenspiel von Bass und Gitarre in den psychedelischen Strophen ist ein echtes Highlight und auch die Bridge nach der 2. Strophen zeichnet den Song aus. Das anschließend folgende Gitarrensolo passt meiner Meinung nach zwar nicht wirklich zum Rest, aber das wirkt sich bei mir nicht negativ aus. Toller Song!

      Fingers To The Bone: Meiner Meinung nach DAS Highlight der Scheibe. Erst das verträumte Intro und dann Deep Purple volles Brett. Diese Kombination überzeugt mich hier, im Vergleich zu Seventh Heaven, voll! Fingers To The Bone ist einfach ein wunderschöner Song, auch wenn der Refrain vielleicht etwas zu kitschig geraten ist. Textlich gesehen ist der Fingers To The Bone jedoch alles andere als wunderschön, der Text handelt von einem Chef, der seine Angestellten entlassen muss. Eine aktuelle Thematik, damals wie heute. Was mir noch auffällt ist, dass Gillan in der Bridge seine alte Mundharmonika wieder auspackt und ein paar verträumte „Licks“ einstreut. Gute Idee! Wie eingangs schon erwähnt, Fingers To The Bone ist für mich DAS Highlight auf ABandOn.

      Jack Ruby:
      Der siebte Track…die Hälfte der CD ist vorbei und auch der qualitative Höhepunkt ist mit Fingers To Bone erreicht worden, ab jetzt lässt das Album, meiner Meinung nach, nach. Handwerklich ist Jack Ruby freilich nicht schlecht, aber mir fehlen Herz und Seele des Songs, ein schöner Refrain oder tolle Soli… Die Soli sind zwar tatsächlich nicht schlecht, aber sie nehmen mich eben auch nicht so mit, wie beispielsweise der Soloteil von Paradise Bar von der Time for Bedlam EP.

      She Was:
      Man wippt mit, mal wieder. Die Orgeleinwürfe in den Versen sind echte Hingucker, oder besser echte Hinhörer, aber hier nervt Gillans Sprechgesang wirklich. Eine Instrumentalversion wäre zweifelsohne interessant, da mich eigentlich nur der Gesang hier wirklich stört. Leider ist es aber schwer den Gesang auszublenden, also fällt der Song für mich zu Unrecht mit Gillans mäßiger Gesangslinie. Erwähnenswert sind noch die Soli, die mich ein wenig an die Soli von Après Vous erinnern und echt gut gemacht sind.

      Whatsername:
      Jetzt bin ich wieder voll dabei, so will ich das haben, ein knackiger Beat, rockige Gitarren und eine schöne Gesangslinie, komisch, mir gefällt der Song bisher richtig gut, aber ich habe ihn total vergessen. Der Refrain ist wiederrum nicht so ganz gelungen und verspielt den tollen Beat vom Anfang wieder ein wenig, die Spannung lässt nach, auch der Soloteil trägt hier seinen Anteil dazu bei. Also doch nicht so perfekt und mir wird wieder klar, warum ich den Song nicht so wirklich im Kopf habe. Gemischte Gefühle also auch hier.

      69: Von vielen zum besten Song des Albums hochgejubelt gefällt mir 69 wieder nicht so recht, das Riff ist wieder zu morseig, der Refrain ist irgendwie unübersichtlich und die Bridge wirft das ganze Konstrukt wieder auseinander. Durcheinander? Ja, das trifft’s, irgendwie ist der Song durcheinander, er wirkt unfertig, da hilft auch das ausgezeichnete Orgelsolo nichts mehr.

      Evil Louie: Ein interessanter Anfang, der mich an das geniale Soon Forgotten vom Purpendicular-Album erinnert. Als das Lied richtig losgeht ist man sich dann sich nicht so sicher, ob der CD Player nochmal Whatsername abspielt, denn die Ähnlichkeit der Strophen ist unüberhörbar. Nachdem mir die Strophen bei Whatsername schon gut gefallen haben, gefallen mir auch die Strophen von Evil Louie wieder ausgesprochen gut. Einen Unterschied gibt es aber doch: Der Refrain ist deutlich besser gelungen und Steve’s Solo hat auch was. Ich glaube, ich muss den Song viel öfter hören, ich könnte mir gut vorstellen, dass er noch wächst. Unterm Strich ein Song mit Potenzial.

      Bludsucker: Ich mache es mir als Deep Purple Fan seit 2009, der zudem zuerst Total Abandon gesehen hat und so schon immer eher ein Fan der „Morse-Purple“ war, leicht wenn ich sage, diese Version gefällt mir besser als die auf In Rock, ich muss aber dazusagen, dass ich den Song erstmals auf jener Total Abandon gehört habe und sich die Version eben ziemlich genauso anhört wie diese hier. Also, wie gesagt, der Song und insbesondere die Version gefallen mir ausgesprochen gut und das Lied fügt sich erstaunlich gut in den Rest des Albums ein, auch wenn er wohl am besten zwischen Watching The Sky und Fingers To The Bone gepasst hätte. Highlight ist hier das Orgelsolo von Jon Lord, große Klasse!

      Fazit:
      Ich habe das Album lange unterschätzt und habe es erst letztes Jahr langsam für mich entdeckt. Die erste Hälfte des Albums ist fast durchgehend richtig gut und wenn man Jack Ruby, She Was und Whatsername nicht aufs Album gepackt hätte könnte es auch auf einer Höhe mit Now What und inFinite stehen, die ich als Höhepunkte der Morse-Ära ansehe.
      Hm, ohne auf die einzelnen Stücke einzugehen. Es ist für meinen geschamck das schwächste Deep Purple Album.
      Zum einen stört mich, dass Steve hieer in seiner Friggle-Hochphase ist, zum zweiten, dass Jon Lord auf seinem letzten DP Album viel zu kurz kommt und zum dritten, dass hier unheimmlich viel Sprechgesang von Gillan ist.

      Ich würde das Album nicht als Katastrophe bezeichnen, aber ich konnte mich daran gewöhnen - allerdings wurden die Alben danach immer besser.

      "Don't Make Me Happy" ist auf dem Album aus Versehen in Mono. Auf einer Promo-CD ist es in Stereo uind gewinnt daadurch ungemein.

      Vielleicht sollte ich das Album jetzt mit etwas Abstand mal wieder hören.

      Danke, für Deine wirklich guten Ausführungen.

      Kalle



      Sweet CHILD IN TIME....
      see the blind man shooting at the world...
      Vielen Dank, Jonas, für das tolle Review. Es hat mich ermutigt, nach längerer Zeit selbst mal wieder "aBandOn" aufzulegen - und es, mit Deinen Impulsen angereichert, ein Stück weit neu zu hören.

      ​Dabei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass mich dogmatische "Blackmorianer" ebenso kalt lassen, wie ebensolche "Morsianer" (wobei ich jeden Respekt solchen Fans gegenüber habe, die den einen Gitarristen zwar bevorzugen, den anderen aber auch in seinem Können respektieren). Ich selbst leiste mir halt den Luxus, beide Gitarristen gerade in ihrer Verschiedenheit außerordentlich hoch zu schätzen. Mir kommt dabei zugute, dass ich, seit ich denken kann, dialektisch denke, das heißt, das Identische im Nicht-Identischen sehe. Natürlich sind die Blackmore-Deep Purple nicht identisch zu den Morse-Deep Purple, aber beide Versionen sind gleichermaßen typisch Deep Purple, also in dieser grundlegenden Hinsicht identisch.

      ​Auch ich habe "Abandon" lange Zeit für das schwächste Album der Morse-Ära gehalten, aber durch Deine Impulse, Jonas, hat es jetzt zu "Rapture of the Deep" aufgeschlossen. Deinem Review kommt eben sehr zugute, dass Du kein Dogmatiker bist.

      ​Ich werde mir jetzt ersparen, eine Kritik der einzelnen Songs zu versuchen, denn das hast Du sehr eingängig und überzeugend getan. Ich liebe Balladen seit frühester Kindheit. Das sind für mich Songs, die eine ausgeprägte Melodie haben, die aber durch gekonnte Arrangements, durch feine Instrumentierung und durch sehr guten Gesang vor der Gefahr gefeit sind, auszuleiern oder gar in die Abteilung "Kitsch & Schnulze" abzugleiten. "Unchained Melody" (Righteous Brothers), "Yesterday" (Beatles) und "Sound of Silence" (Simon & Garfunkel) standen exemplarisch Mitte der 60er Jahre an der Wiege dieser Vorliebe. Deshalb steht "Don't make me happy" für mich oben auf dem Podium dieses Albums. Es erinnert tatsächlich an "When a blind Man cries", hat aber einige Härtegrade mehr aufzuweisen. Natürlich, wenn Blues und Soul mit im Spiele sind, ist auch hier Ian Gillans Stimme schlicht göttlich. Auch das mit britisch-irischer Folklore unterlegte "Fingers in the Bone" gefällt mir überaus gut. Man kann diesen Song als (härtere) Vorwegnahme des außerordentlich schönen "Bananas"-Songs "Never a Word" betrachten.
      ​In einem Punkt bin ich anderer Meinung als Du: "Bloodsucker" gefällt mir etwas besser als "Bludsucker", einfach deshalb, weil ich in diesem Song speziell die Blackmore-Gitarre für passender halte, als die Morse-Gitarre. Rock on! nainallig
      Ach ja, eines habe ich vergessen: Es handelt sich hier um das letzte DP-Album mit Jon Lord. Dieser wunderbare Ausnahmekeyboarder besann sich hier noch einmal quasi ausschließlich auf die 'traditionellen' Tasteninstrumente. Und gerade deshalb ist sein Spiel hier noch einmal bärenstark. Daran erfreut sich meine Seele, genau der Ort, in dem Jon so lebendig wie eh und je ist.
      Hallo zusammen,
      das Album gehört zwar nicht zu meinen Lieblingsalben von DP, aber zwischendurch höre ich es doch gerne, da es etwas härter und Knackiger ist als viele andere DP Scheiben. Es fällt doch irgendwie ein wenig aus der Reihe, und das macht es für mich doch wieder interessant. Was ich an DP am meisten schätze ist die Abwechslung über die Jahre und über die verschiedenen Besetzungen. Aber selbst bei der gleichen Besetzung sind doch sehr unterschiedliche Alben herausgekommen.
      Das Highlight von der Scheibe ist für mich der Solopart von "She was" - den finde ich genial. Ansonsten sind viele Gute Songs drauf und ich kann mich joni02 in der Betrachtung fast anschließen.
      Bei entsprechender Stimmungslage passt das Album genau !
      Gruss Hans-Jürgen
      hatte bisher immer Probleme mit dem Album. Werde es mir jetzt aber auch mal wieder anhören. Das vergessenen The House Of Blue Light kam ja auch einfach wieder zurück aus der Versenkung. Bisher nahm ich immer an, dass mir der Bruch von "purpendicular" einfach zu groß war. Mal sehen, was dabei rauskommt. Die review ist auf jeden Fall sehr interessant und anregend.
      The House Of Blue Light – Review

      Angeregt durch IGFan und nainallig kommt meine eigentlich schon lange überfällige „The House Of Blue Light“-Kritk. Warum schon lange überfällig? Weil „The House Of Blue Light“ polarisiert wie es so einige Alben im Purple-Katalog tun, zwischen wiedergefundener Risikofreude und totproduziertem Pop mit durchschnittlichen Songs hört man viel über das Album, wobei (gefühlt) Letzteres eher in der Überzahl ist.
      Ich muss vorausschicken, dass ich die Mk-II-Reunions, bzw. Deep Purple mit Blackmore nach 1984 ziemlich kritisch sehe. Die Deep Purple der ersten Mk II Inkarnation waren ein Gemeinschaftsprodukt, für das Ritchie zweifelsohne viel beigetragen hat, wo aber auch Roger Glover und Jon Lord ein gewichtiges Wort beim Songwriting mitzureden hatten. Deep Purple zwischen 1969 und 1973 waren eben nicht nur schnelle Rocker à la „Highway Star“, sondern auch midtempo-Groover wie „Maybe I’m A Leo“ und „Into The Fire“ oder progressive Songs wie „Fools“ und „Pictures Of Home“. Ab 1984 hatte Blackmore ein deutliches Übergewicht im Songwriting, was „Perfect Strangers“, „Slaves And Masters“ und „TBRO“ zu sehr rifflastigen und für mich eintönigen Angelegenheiten macht. Bedingt durch den Fakt, dass Ritchie m.E. ab einem gewissen Punkt gerne alte Riffs recycelt hat (z.B. LA Connection – One Man’s Meat/Stroke Of Midnight) interessieren mich diese Alben kaum noch. Der Fakt, dass „The House Of Blue Light“ aus dieser Entwicklung klar heraussticht, macht die Scheibe für mich interessant.

      „Bad Attitude“ ähnelt vom Intro her „Knockin‘ At Your Backdoor“ und ist zweifelsohne ähnlich strukturiert, ein geradliniger Rocker mit Hit-Potential. Was sofort auffällt ist, dass die Produktion wesentlich klarer und fetter als bei „Perfect Strangers“ ist, was den Song sehr frisch wirken lässt. Angereichert durch eine sehr starke Gesangslinie und ein ausgeklügeltes Arrangement gelingt mit „Bad Attitude“ ein sehr überzeugender Einstieg. Ja, man hört die 80er, aber der Rahmen ist sehr verträglich und allzu mainstream-orientiert ist die Nummer m.E. auch wieder nicht.

      Bei „The Unwritten Law“ nimmt die Mainstream-Komponente deutlich zu, die Komposition ist nicht schlecht, aber unterm Strich doch sehr vorhersehbar. Das Arrangement tut sein Übriges um den Song zum vielleicht 80er-mäßigsten Lied des Albums zu machen. Trotzdem ist „The Unwritten Law“ durchaus kein schlechter Song und beinhaltet viele Purple-typische Elemente. Er ist ungewöhnlich und der Sound ist es erst Recht, andererseits macht genau das die kompositorisch mittelmäßige Nummer interessant. Ich muss sagen, ich bin ein bisschen hin und her gerissen, aber unterm Strich ist auch „The Unwritten Law“ nicht schlecht.

      Der Grat zwischen Mainstream und Gefälligkeit ist bekanntlich schmal und „Call Of The Wild“ scheint eher Letzterem zuzuordnen zu sein. Von der Instrumentierung ist „Call Of The Wild“ eigentlich ziemlich klassisch, weitaus klassischer als andere Nummern des Albums, selbiges gilt für das Riff. Es sind tatsächlich im Wesentlichen Gillans Gesangslinie und der Chorus, die den Song zum gefälligen Radio-Liedchen machen. Gerade das ist ungewöhnlich, denn Gillan schafft es oft auch dem beliebigsten instrumentalen Unterbau mit seinem Gesang etwas Komplexität zu vermitteln und so verkommt auch „Call Of The Wild“ nicht vollends. Ich kann nicht anders, ich find’s trotz aller Banalität ganz nett.

      „Mad Dog“ gehört zur eingangs erwähnten „Highway Star“-Fraktion. Hier geht’s ausnahmsweise mal richtig zur Sache, der Song ist durch und durch rifforientiert und der Gesang kommt kraftvoller denn je. Mich reißt der Song jedes Mal wieder mit und gerade als er beginnt etwas zu vorhersehbar zu werden, lockert Jons Synthie-Solo das Konstrukt wieder auf. Vielleicht liegt’s an der Produktion, aber im Gegensatz zu vielen anderen schnellen Rockern auf den anderen Post-Reunion-Alben gefällt mir „Mad Dog“ von A bis Z. Insbesondere Ritchies Solo ist hier noch eine Erwähnung wert, einfach klasse. Schade, dass sie den nicht öfters live gebracht haben.

      Was wären Deep Purple Alben ohne zusammengewürfelte Songkonstrukte? Richtig, meistens um 1 bis 2 Lieder kürzer. „Black And White“ passt genau in diese Kategorie, die einzelnen Bestandteile sind alle ganz nett aber nicht überragend, zusammen ergibt sich aber ein einigermaßen vernünftiges Gesamtprodukt. Die rhythmisch an „Hush“ erinnernden Verse wären ohne den herrlichen disharmonischen Prechorus nicht viel Wert, in Kombination wirken sie zwar immer noch zusammengewürfelt, haben aber etwas Unkonventionelles an sich. Den Song als bloßen Füller abzustempeln wäre vermutlich zu kurz gedacht, denn schlecht ist er nicht, überragend aber auch nicht.

      „Hard Lovin‘ Woman“ weckt duch den Titel Erwartungen, die der Song nicht ansatzweise halten kann, hier haben wir ihn, den Füller. Ein langweiliges Blackmore-Riff und ganz billige Bläser aus dem Keyboard, kombiniert mit einem Rock’n’Rolligen Vers, na Prost. So gut die Produktion sonst ist, die dünnen Keyboard-Sounds ziehen „Hard Lovin‘ Woman“ deutlich nach unten, was auch daran liegt, dass das Arrangement in dieser Richtung einfach nicht passt. Hier haben wir es mit musikalischem Stückwerk zu tun, wie es Deep Purple des Öfteren in ihrer Karriere verzapft haben. Kurz bevor alles auseinanderfällt gibt’s ein Solo von Ritchie, auch das ist Teil des Rezepts, nur leider überzeugt’s mich nicht.

      Ein mythischer Beginn und ein synthetischer Bass erinnern an „The Unwritten Law“, neu ist bei „The Spanish Archer“ der rhythmische Bezug zu „Pictures Of Home“. Im Gegensatz zu den beiden Stücken davor ist „The Spanish Archer“ homogen und geradlinig komponiert, leider werden die progressiven Ansätze nicht wirklich zur atmosphärischen Hymne ausgebaut, die der Song sein könnte. Auch wenn das Songwriting besser ist, fehlt mir bei „The Spanish Archer“ das gewisse Etwas, der unerwartete Harmoniewechsel, die interessante Stimmung. So richtig warm werde ich nicht damit.

      „Strangeways“ bietet genau das, was ich gerade bemängelt habe: Atmosphäre. Natürlich ist der Song ein Studiosong mit viel Trickserei und ungewöhnlichen Sounds, aber gerade das macht das Lied besonders. Es beginnt mit dem Stakkato-Riff, das durch die Keyboards und das Schlagzeug eine sehr düstere Stimmung verbreitet. Unterstützt durch die erhabene Gesanglinie und allerhand Licks von Blackmore und Lord ist hier das Epos des Albums entstanden. Ganz klar als Deep Purple erkennbar aber kein Ausruhen auf alten Lorbeeren und trotz des nicht gerade kreativen Riffs keine Selbstkopie.

      Bisher war „The House Of Blue Light“ immer klar in den 80ern zu verorten, zum einen durch die Produktion, zum anderen aber auch durch die eingängigen und melodiösen Songs. „Mitzi Dupree“ ist hier die große Ausnahme, denn wir haben es mit einem Blues nach klassischer Deep Purple Manier zu tun. Herrlich bluesig und trotzdem Hard Rock, Deep Purple haben eine ganz eigene Art den Blues zu spielen und „Mitzi Dupree“ ist vielleicht ihr bester Versuch darin. Garniert durch ein wirklich tolles Gitarrensolo ist das Lied für mich das uneingeschränkte Highlight des Albums. Zum Glück haben sich Gillan und Glover damals gegen Blackmore durchgesetzt, der diese Perle gar nicht auf dem Album haben wollte.

      Vielleicht wäre es besser gewesen, nach „Mitzi Dupree“ aufzuhören, denn „Dead Or Alive“ ist das Gelbe vom Ei nicht. Hier haben wir wieder ein glorreiches Durcheinander in der Songstruktur, die durch den Schlagzeugbeat auch noch seltsam gehetzt klingt. Das, für sich tolle, klassisch inspirierte erste Keyboardsolo trägt nicht zur Ordnung bei, sondern betont abermals die Unvollkommenheit von „Dead Or Alive“. Live kam die Nummer besser, trotzdem endet „The House Of Blue Light“ hiermit nicht mit einem Highlight, sondern eher mit dem Gegenteil.

      Insgesamt gesehen ist „The House Of Blue Light“ ein gutes Album. Punkt. Ja, es sind Füller dabei, aber um das Album signifikant abzuwerten gibt es zu viele experimentelle und coole Songs, die einfach mal ein bisschen anders sind. Wie bereits gesagt, es hat nie geschadet wenn nicht nur Blackmore, Gillan und Glover, sondern auch Lord und Paice beim Songwriting mitgearbeitet haben, denn nur so entstehen die wirklich innovativen Nummern. Ich würde mittlerweile so weit gehen und das Album als mein Lieblingsalbum mit Blackmore nach 1984 bezeichnen. Hört’s euch mal wieder an, das schadet nie!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „joni02“ ()