Ich nehme mal an, jeder kennt die Geschichte, als Blackmore 1977 in Wien zwei Tage im Bunker saß und deswegen das Münchner Konzert am 20. Oktober buchstäblich erst in letzter Sekunde stattfand.
Aber kaum einer wird wissen, wie die Geschichte (die noch ein gerichtliches Nachspiel hatte) ausging. Habe deswegen mal in meinem Archiv gewühlt und in einem Metal Magazin namens CRASH (September Ausgabe 1985) nachfolgenden Artikel gefunden:
Nicht erst seit gestern gilt er als notorischer Chaot und Querkopf. Zwar stecken die Deep Purple Kollegen seine Eskapaden inzwischen mit einem Schulterzucken weg, doch gibt’s auch Situationen, in denen das Enfant Terrible auf Granit beißt. Durch dunkle Kanäle wurden uns Gerichtsakten zugespielt, die nicht nur Licht auf seine Kung-Fu-Qualitäten werfen, sondern auch auf die Besitzverhältnisse eines bettelarmen Popstars. (oder darauf, wie man Richtern einen Bären aufbinden kann!) Justica im CRASH –Test)
Der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien OLRG hat über den von der Staatsanwaltschaft Wien gegen
Richard Blackmore
geboren am 14. 04.1945 in
Weston, Großbritannien,
britischer Staatsangehöriger,
ledig, Musiker, wohnhaft in
8401 Hollywood Boulevard,
Los Angeles, USA
wegen §§ 83 Absatz 1, 84 Absatz 1 StGB gestellten Antrag auf Bestrafung nach der am 25. Jänner 1978 in Anwesenheit des Staatsanwaltes, des Privatbeteiligtenvertreters, gemäß § 427 StPO in Abwesenheit des Beschuldigten und in Abwesenheit seines Verteidigers durchgeführten Hauptverhandlung am gleichen Tag zu Recht erkannt.
Richard Blackmore ist schuldig. Er hat am 18.10.1977 in Wien den Kurt Kracher durch Versetzen eines Fußtrittes in das Gesicht, vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung, nämlich einen Bruch des linken Kiefers sowie eine Jochbeinprellung und eine Rißquetschwunde der rechten Stirn, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung zur Folge hat. Richard Blackmore hat hierdurch das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Absatz 1, 84 Absatz 1 StGB begangen und wird hierfür nach dem $ 84 Absatz 1 StGB unter Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von
100 Tagessätzen
im Nichteinbringungsfall zu 50 Tagen
Freiheitsstrafe sowie gemäß § 389
StPO zum kostenersatz und gemäß
§ 369 StPO zum Ersatz von Schilling
25 000,- an den Privatbeteiligten
Kurt Kracher verurteilt.
Entscheidungsgründe:
Richard Blackmore ist ledig oder geschieden, zumindest nur für ein außereheliches Kind sorgepflichtig. Er ist „Bandleader“ der Band „Ritchie Blackmore’s Rainbow“. An Vermögen besitzt er ein Haus in England und einen PKW. Ersteres wirft allerdings keinen Ertrag ab, da es der Beschuldigte seinen Eltern unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. An Einkommen gibt er selbst 400,- englische Pfund pro Woche an, also 12.000 Schilling pro Woche oder 50.000 pro Monat. Nach dem vorgelegten Schreiben seines Agenten bezog er in dem am 30.06.1977 endenden Geschäftsjahr 6.000 Pfund, also 500 Pfund oder 15.000 Schilling pro Monat. Dem Gericht erschien die eigenen Angaben des Beschuldigten über seine Einkünfte glaubhafter, zumal nicht anzunehmen ist, daß ein Popsänger, der nach den Ausführungen seines Verteidigers in seinem Schlußvortrag neben den Beatles, den Rolling Stones und Led Zeppelin zu den bedeutensten Vertretern seines Metiers gehört, nur 15.000 Schilling pro Monat verdient
Landesgericht für Strafsachen, Wien
Abt. 1b, am 25. Jänner 1978
BLESS SUNDAY WITH BLACK SABBATH!
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Bombenleger“ ()
Viele Grüße
Frank
@BA:vielen Dank für Deine Antwort auf Bombenlegers Beitrag und schön,daß es Dich doch hin und wieder hier ins Forum treibt!!!Und wenn Du mich meinst mit "Fanatikerin"so Reihe ich mich sehr gerne in die Reihe zahlloser Fanatiker ein wobei das Wort "FAN"mit allen Fasern doch etwas richtiger klingt,oder?
Allen einen wunderschönen Tag.
Viele Grüße
von einem bekennenden R.B.Fan
Irene
.
Im Wesentlichen stimmt alles so, wie es in der Anklageschrift steht, wobei man als Anwesender nicht wirklich viel mitbekommt, da es ein der damaligen Zeit entsprechender Tumult war, der bei jedem Rockkonzert vor der Bühne abgegangen ist. Dabei hat Ritchie von der Bühne herab besagtem Ordner einen Fußtritt verpaßt, der meiner Ansicht nicht in dieser Form und mit diesen Auswirkungen beabsichtigt war. Aber getan ist getan, und auf Grund des Schuhwerks von Ritchie (es waren die roten Stiefel mit den hohen Absätzen) kam es zu dieser folgenschweren Verletzung des Ordners.
Erwähnenswert ist dennoch, daß Ritchie zwar die Nacht im Gefängnis verbracht hat, aber am nächsten Tag gegen Kaution enthaftet wurde. Das Zuspätkommen in München (das Konzert begann erst ca. um Mitternacht!) hatte aber andere Gründe: Es herrschte chaotisches Schneetreiben vor, das den Flugverkehr lahmlegte. Dementsprechend mußte man auf die Straße ausweichen, wo man allerdings auch nicht gerde zügig vorankam. So wurde aus einer normalerwiese fünfstündigen Autofahrt eine Odysse. Dieses Sch...wetter hinderte mich auch damals daran in München dabei zu sein
......
Abgesehen von dem k. und k. Juristendeutsch, ist es ja doch so, daß die Justiz diesen Fall eben auch als Bagatelle einstufte, die weitaus weniger Aufsehen erregte, als die normalen Randalen im Zuhälter- und Rotlichtmilieu. Dementsprechend war meines Wissen auch niemand von Ritchie's Seite bei der Verhandlung anwesend (außer ein lokaler Anwalt, der die Anklagebank wärmte!) und so wurde die Kaution für die Straftilgung herangezogen.
Würde man diesen Vorfall soooo ernst nehmen, dann hätte z.B. Ian Gillan bei jedem seiner Wien-Shows verhaftet werden müssen, da ich mich an keines erinnern kann, wo er nicht einem Ordner den Mikroständer irgendwann während der Show über den Kopf gezunden hätte. Nur ist da halt nichts passiert ............
So sehe ich dieses Posting einfach als historischen Beitrag zum Schaffen eines Ausnahmekünstlers, der mitunter halt auch menschliche Reaktionen zeigt, die dann leider in der gesellschaftlich üblichen Form der Adabeis verzerrt dargestellt werden
!
Tja, diese Zeit kommt nicht wieder, aber das war eben auch Rock'n Roll
!
Liebe Grüße aus Wien
Michael 

Und dabei solls Recht und Ordnung schaffen.

Vielen Dank für diesen Bericht. Mir waren die Umstände noch nicht bekannt. Auch finde ich es interessant, die Sache von Seite des Gerichtes zu sehen.
Da du neue Fakten gebracht hast, ist es auch angebracht, dieses Thema noch einmal aufzugreifen.
Das Überreagieren des MOD verstehe ich jedoch nicht.
Ein Forum ist meiner Meinung nach zum diskutieren gedacht. Ansonsten könnte ich ja gleich auf eine reine Blackmore-Fan-Seite wechseln.
Ich bin und bleibe Blackmore-Fan, und freue mich über jede Information, die mir noch nicht bekannt war.
Nochmals: DANKE ! Stefan 

!
Ganz klar und richtig, Deine Bedenken - ABER:
Zumindest in Österreich ist es so, daß Urteile aus Prozessen nach der Strafprozeßprdnung (StPO) IMMER öffentlich sind und jederzeit von jedermann im Landesgericht für Strafsachen einsehbar. Auf Wunsch gibt's davon Kopien! Man denke an die vielen Jus-Studenten, die das ja auch für ihr Studium brauchen und mitunter in Dissertatitonen veröffentlichen .... Einzige Ausnahmen: Wenn Teile des Prozesses (Zeugenaussagen, Beweisführungen mittels Fotos, Video etc.) unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchgeführt werden, dann ist das natürlich auch nachher für die Öffentlichkeit tabu.
In diesem Fall war es nicht so, daher muß ein verurteilter Straftäter (klingt ja immens heavy!) in Kauf nehmen, auf diese Art und Weise in die Medien zu gelangen. Wurscht, ob er will oder nicht - das hätte er dann früher bedenken müssen ........
Liebe Grüße aus Wien
Michael