Vieles, was Deep Purple gemacht haben, hat längst den Status der Unsterblichkeit erworben. Aber wir haben es nicht mit rockenden Robotern zu tun, die beständig Spitzenleistungen erbringen könnten, sondern mit Menschen aus Fleisch und Blut, die bei aller Professionalität, wie wir alle, Schwankungen unterliegen. Und so nimmt es nicht wunder, dass es auch DP-Alben gibt, die es nicht auf den Rock-Olymp geschafft haben. Reviews und Kritiken solcher Alben könnten uns vielleicht dabei helfen, sie mit ganz anderen Ohren zu hören, weil uns Gesichtspunkte zufallen, die wir bisher nicht beachtet haben. Heute werde ich mal den Versuch unternehmen, eine solche Diskussion ingang zu bringen.
THE HOUSE OF BLUE LIGHT
Gediegen, zuweilen gut, routinierte, in der Regel sehr gute Instrumentalarbeit mit zumeist sehr gutem Gesang, Songs die man zuweilen gut anhören kann usw.: Alles in allem klingt so etwas doch ganz gut und trifft zweifelsfrei auf das hier zu besprechende Album zu. Aber, gemach, wir haben es hier mit der legendären Mark-II-Formation zu tun. Und da erinnern wir uns doch daran, dass wir zuvor meist gänzlich andere Beurteilungen zur Hand hatten. Der Griff in die Euphoriebüchse konnte gar nicht tief genug sein, wenn wir in Worte fassen wollten, was wir da gerade erlebten. Da wurde direkt nach den Sternen gegriffen, da ging so richtig die Post oder gar die Rakete ab, da musste fortan die Rockmusikgeschichte neu geschrieben werden und überhaupt brach ein ganz neues Zeitalter an. Man überschlug sich geradezu vor Begeisterung und geriet in eine Dauerekstase.
Aber gerade von diesen Superlativen ist "The House of blue Light" meilenweit entfernt. Und folglich greift man zu eher nüchternen Beurteilungen, wie oben geschehen. Mich befällt dabei der Gedanke an einen rockenden Biedermann, dem sein Brandstifter, der ihm ordentlich Feuer unterm Hintern gemacht hätte, abhanden gekommen ist.
Es fehlt bei aller Solidität das Feuer, das für unvergessliche Momente unerlässlich ist. Die Songs sind zuweilen gut anzuhören, taugen gewiss auch für Musiksendungen im Radio, aber sie prägen sich mir (mit einer Ausnahme) einfach nicht ein. Wenn man Songs wie "Child in Time", "Fools", "Highway Star" oder "Knocking at your Backdoor" (um nur mal einige Songs dieses Line-Ups zu nennen) zum ersten Mal hörte, dann blieben sie sofort im tiefsten Inneren hängen. Man wurde sie einfach nicht mehr los. Genau das aber zeichnet außergewöhnliche Songs aus. Solche Songs sucht man in diesem Album aber vergeblich. Man kann die Scheibe abspielen und gleichzeitig in der Küche den xten Versuch machen, ein guter Koch zu sein, ein passionierter Heimwerker kann in seinem Keller nebenbei ein Wandregal der Marke "Do it yourself" zimmern und man kann ebenso gut ein spannendes Buch nebenher lesen.
Rein handwerklich ist den Künstlern eigentlich überhaupt kein Vorwurf zu machen. Alle demonstrieren, wenn auch zum Teil mit deutlicher Zurückhaltung, ihre Meisterschaft an den Instrumenten. Den Rhytmusmusikern muss man ohnehin eine tadellose Arbeit bescheinigen. Man kann ihnen nun wirklich nicht vorwerfen, dass sie, wenn die Melody-Maker einen Foxtrott wollten, daraus keinen harten Rock'n'Roller hervorgezaubert haben. Ian Gillans Stimme klingt bei einigen Songs merkwürdig entrückt (vielleicht Folge von Fehlern bei der Produktion), bei anderen Songs (vor allem, wenn Blues im Spiel war) aber auch sehr stark. Jon Lord ist immer dann bärenstark, wenn er die 'traditionellen' Tastinstrumente (Hammond und Piano) bedient, an seine Ausflüge zum Synthesizer kann ich mich manchmal nur schwer gewöhnen. Und Ritchie Blackmore: Bei der ersten Hälfte des Albums beschleicht mich das Gefühl, er habe während der Produktion mal eben die Tür zum Studio geöffnet, "Guten Tag" gesagt, dann eine Minute auf seiner Gitarre gezupft, um hernach mit einem fröhlichen "Tschüß" das Studio wieder zu verlassen. Erst in der zweiten Hälfte blitzt sein außergewöhnliches Können zeitweise auf.
Bad Attitude und "The unwritten Law" bieten zuweilen soliden Hardrock mit feinen von Jon Lord gelegten Klangteppichen, guter Rhythmusarbeit und gutem, wenn auch nicht überragendem Gesang. Gitarre hört man nur sehr flüchtig, verbunden mit dem Eindruck, dass einige für die Gitarre vorgesehene Passagen vom Synthesizer abgedeckt werden. Es fehlt ein wenig der Spannungsbogen.
Call of the Wild ist solider R & B, der jedoch auch von den Stones hätte gespielt werden können. Mad Dog ergibt soliden Hardrock mit sehr guter Rhythmusarbeit und einem sehr gut aufgelegten Ian Gillan. Endlich kann man auch ein wenig mehr als nur die Andeutung von Gitarre vernehmen. Bei Black & White haben wir es mit einem vom Blues geprägten Song zu tun, mit einem Song also, der von Ian Gillans superber Bluesstimme geprägt wird. Hard Lovin' Woman[u][/u] reicht natürlich an Hard lovin' Man nicht heran. Immerhin sorgt die Rhythmusabteilung für ein gutes DP-typisches Tempo und Ritchie Blackmore leistet hier gute Gitarrenarbeit.
Wenn The Spanish Archer erklingt, sollte man Kochlöffel, Bohrer und Buch mal beiseite legen, denn hier haben wir es mit dem besten Song des Albums zu tun. Großartiges Tempo, großartige Keyboards und auch hervorragender Gesang. Aber vor allem erleben wir Ritchie Blackmore mal so, wie unzählige Fans ihn am liebsten sehen: als unerbittlichen Sklaventreiber, der seine Mitstreiter zu Höchstleistungen antreibt und selbst überaus zauberhafte Töne aus seinem Instrument herausholt und dabei seiner Lieblingsdisziplin nachgeht, Anleihen aus europäischen Musiktraditionen zu bearbeiten. Der einzige Song des Albums, der Zugang zu meiner Seele gefunden hat.
Wir bitten zum Tanz - und Deep Purple beweisen beim Song Strangeway, dass Pasodoble verdammt rockig klingen kann. Jon Lord bearbeitet sehr gekonnt den Synthesizer, wobei ich mich nie so recht an dieses Instrument gewöhnen konnte. Da Tanzmusik immer auch Swing enthält, haben wir es mit einem Heimspiel für Ian Paice zu tun und von Roger Glover wissen wir eh, dass er seinen Bass bei jeder Gelegenheit passend einzusetzen weiß. Ian Gillans Gesang gefällt mir hier nicht so gut. Das ändert sich bei Mitzie Dupree. Bei diesem Song, der recht 'heavy' daherkommt, ist Gillans Stimme sehr ausdrucksstark. Jon Lord bewältigt gleich zwei Aufgaben: mit der Orgel legt er einen schönen Klangteppich und mit dem Piano packt er einige schöne solistische Einlagen (teilweise im Duell mit Ritchie Blackmore) drauf. Das Album schließt mit Dead or Alive. Ein temporeicher Song, der entfernt ein wenig an "Burn" erinnert. Vielleicht ist das der Grund, warum Ian Gillans Stimme hier ein wenig entrückt klingt. Jon Lord (mit der Orgel) und Ritchie Blackmore (hier noch einmal deutlich präsent) liefern teilweise im Wechselspiel feine Instrumentalintermezzi und Roger Glover und Ian Paice zeichnen für das feine Tempo verantwortlich. Durchaus noch einer der besseren Songs.
Fazit: Wer nun einen Totalverriss von mir erwartet hat, wird vielleicht enttäuscht sein, aber auch jetzt, da ich dieses Kurzreview schreibe, fehlt mir etwas, was ich bei anderen Reviews durchaus habe: das Gefühl, auch beim Schreiben noch regelrecht aufgewühlt zu sein.
Rock on! nainallig
THE HOUSE OF BLUE LIGHT
Gediegen, zuweilen gut, routinierte, in der Regel sehr gute Instrumentalarbeit mit zumeist sehr gutem Gesang, Songs die man zuweilen gut anhören kann usw.: Alles in allem klingt so etwas doch ganz gut und trifft zweifelsfrei auf das hier zu besprechende Album zu. Aber, gemach, wir haben es hier mit der legendären Mark-II-Formation zu tun. Und da erinnern wir uns doch daran, dass wir zuvor meist gänzlich andere Beurteilungen zur Hand hatten. Der Griff in die Euphoriebüchse konnte gar nicht tief genug sein, wenn wir in Worte fassen wollten, was wir da gerade erlebten. Da wurde direkt nach den Sternen gegriffen, da ging so richtig die Post oder gar die Rakete ab, da musste fortan die Rockmusikgeschichte neu geschrieben werden und überhaupt brach ein ganz neues Zeitalter an. Man überschlug sich geradezu vor Begeisterung und geriet in eine Dauerekstase.
Aber gerade von diesen Superlativen ist "The House of blue Light" meilenweit entfernt. Und folglich greift man zu eher nüchternen Beurteilungen, wie oben geschehen. Mich befällt dabei der Gedanke an einen rockenden Biedermann, dem sein Brandstifter, der ihm ordentlich Feuer unterm Hintern gemacht hätte, abhanden gekommen ist.
Es fehlt bei aller Solidität das Feuer, das für unvergessliche Momente unerlässlich ist. Die Songs sind zuweilen gut anzuhören, taugen gewiss auch für Musiksendungen im Radio, aber sie prägen sich mir (mit einer Ausnahme) einfach nicht ein. Wenn man Songs wie "Child in Time", "Fools", "Highway Star" oder "Knocking at your Backdoor" (um nur mal einige Songs dieses Line-Ups zu nennen) zum ersten Mal hörte, dann blieben sie sofort im tiefsten Inneren hängen. Man wurde sie einfach nicht mehr los. Genau das aber zeichnet außergewöhnliche Songs aus. Solche Songs sucht man in diesem Album aber vergeblich. Man kann die Scheibe abspielen und gleichzeitig in der Küche den xten Versuch machen, ein guter Koch zu sein, ein passionierter Heimwerker kann in seinem Keller nebenbei ein Wandregal der Marke "Do it yourself" zimmern und man kann ebenso gut ein spannendes Buch nebenher lesen.
Rein handwerklich ist den Künstlern eigentlich überhaupt kein Vorwurf zu machen. Alle demonstrieren, wenn auch zum Teil mit deutlicher Zurückhaltung, ihre Meisterschaft an den Instrumenten. Den Rhytmusmusikern muss man ohnehin eine tadellose Arbeit bescheinigen. Man kann ihnen nun wirklich nicht vorwerfen, dass sie, wenn die Melody-Maker einen Foxtrott wollten, daraus keinen harten Rock'n'Roller hervorgezaubert haben. Ian Gillans Stimme klingt bei einigen Songs merkwürdig entrückt (vielleicht Folge von Fehlern bei der Produktion), bei anderen Songs (vor allem, wenn Blues im Spiel war) aber auch sehr stark. Jon Lord ist immer dann bärenstark, wenn er die 'traditionellen' Tastinstrumente (Hammond und Piano) bedient, an seine Ausflüge zum Synthesizer kann ich mich manchmal nur schwer gewöhnen. Und Ritchie Blackmore: Bei der ersten Hälfte des Albums beschleicht mich das Gefühl, er habe während der Produktion mal eben die Tür zum Studio geöffnet, "Guten Tag" gesagt, dann eine Minute auf seiner Gitarre gezupft, um hernach mit einem fröhlichen "Tschüß" das Studio wieder zu verlassen. Erst in der zweiten Hälfte blitzt sein außergewöhnliches Können zeitweise auf.
Bad Attitude und "The unwritten Law" bieten zuweilen soliden Hardrock mit feinen von Jon Lord gelegten Klangteppichen, guter Rhythmusarbeit und gutem, wenn auch nicht überragendem Gesang. Gitarre hört man nur sehr flüchtig, verbunden mit dem Eindruck, dass einige für die Gitarre vorgesehene Passagen vom Synthesizer abgedeckt werden. Es fehlt ein wenig der Spannungsbogen.
Call of the Wild ist solider R & B, der jedoch auch von den Stones hätte gespielt werden können. Mad Dog ergibt soliden Hardrock mit sehr guter Rhythmusarbeit und einem sehr gut aufgelegten Ian Gillan. Endlich kann man auch ein wenig mehr als nur die Andeutung von Gitarre vernehmen. Bei Black & White haben wir es mit einem vom Blues geprägten Song zu tun, mit einem Song also, der von Ian Gillans superber Bluesstimme geprägt wird. Hard Lovin' Woman[u][/u] reicht natürlich an Hard lovin' Man nicht heran. Immerhin sorgt die Rhythmusabteilung für ein gutes DP-typisches Tempo und Ritchie Blackmore leistet hier gute Gitarrenarbeit.
Wenn The Spanish Archer erklingt, sollte man Kochlöffel, Bohrer und Buch mal beiseite legen, denn hier haben wir es mit dem besten Song des Albums zu tun. Großartiges Tempo, großartige Keyboards und auch hervorragender Gesang. Aber vor allem erleben wir Ritchie Blackmore mal so, wie unzählige Fans ihn am liebsten sehen: als unerbittlichen Sklaventreiber, der seine Mitstreiter zu Höchstleistungen antreibt und selbst überaus zauberhafte Töne aus seinem Instrument herausholt und dabei seiner Lieblingsdisziplin nachgeht, Anleihen aus europäischen Musiktraditionen zu bearbeiten. Der einzige Song des Albums, der Zugang zu meiner Seele gefunden hat.
Wir bitten zum Tanz - und Deep Purple beweisen beim Song Strangeway, dass Pasodoble verdammt rockig klingen kann. Jon Lord bearbeitet sehr gekonnt den Synthesizer, wobei ich mich nie so recht an dieses Instrument gewöhnen konnte. Da Tanzmusik immer auch Swing enthält, haben wir es mit einem Heimspiel für Ian Paice zu tun und von Roger Glover wissen wir eh, dass er seinen Bass bei jeder Gelegenheit passend einzusetzen weiß. Ian Gillans Gesang gefällt mir hier nicht so gut. Das ändert sich bei Mitzie Dupree. Bei diesem Song, der recht 'heavy' daherkommt, ist Gillans Stimme sehr ausdrucksstark. Jon Lord bewältigt gleich zwei Aufgaben: mit der Orgel legt er einen schönen Klangteppich und mit dem Piano packt er einige schöne solistische Einlagen (teilweise im Duell mit Ritchie Blackmore) drauf. Das Album schließt mit Dead or Alive. Ein temporeicher Song, der entfernt ein wenig an "Burn" erinnert. Vielleicht ist das der Grund, warum Ian Gillans Stimme hier ein wenig entrückt klingt. Jon Lord (mit der Orgel) und Ritchie Blackmore (hier noch einmal deutlich präsent) liefern teilweise im Wechselspiel feine Instrumentalintermezzi und Roger Glover und Ian Paice zeichnen für das feine Tempo verantwortlich. Durchaus noch einer der besseren Songs.
Fazit: Wer nun einen Totalverriss von mir erwartet hat, wird vielleicht enttäuscht sein, aber auch jetzt, da ich dieses Kurzreview schreibe, fehlt mir etwas, was ich bei anderen Reviews durchaus habe: das Gefühl, auch beim Schreiben noch regelrecht aufgewühlt zu sein.
Rock on! nainallig
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